von Dr. Bodo Scheurig
Claus Schenk Graf von Stauffenberg: „Es lebe das heilige Deutschland!“
Es ist wahr: Stauffenberg war nicht Hitlers Gegner von Anfang an. Wie hätte er – 1933 ein 26jähriger Oberleutnant – durchschauen sollen, was Älteren und Erfahreneren verborgen blieb? Stauffenberg entstammte einer Schicht, die im Versailler Frieden und in Deutschlands innenpolitischer Zerrissenheit ein Unglück erblickte. Er mußte den verhießenen Wiederaufstieg des Reiches und – nach der Ohnmacht des 100 000-Mann-Heeres – eine Armee begrüßen, die wiederum imstande war, das eigene Land zu verteidigen. Die „nationale Revolution“ zog auch ihn in ihren Bann. Er hatte der Weimarer Republik mit der Loyalität gedient, die ihm der ernstgenommene Eid auferlegte. Aber als sie – nicht durch seine Schuld – ruhmlos zusammenbrach, ließ er sie ohne Kummer dahinfahren. Er war kein Nationalsozialist im Sinne der Partei, doch national und sozial gesinnt. Das unterband jeden Widerstand, den er damals nicht einmal als Ranghöherer hätte leisten können. Zeitgeist in einer Konsequenz aus dem Ersten Weltkrieg prägte.
Mit alledem gewährte Stauffenberg Hitler Kredite. Selbst am 30. Juni 1934 platzte für ihn nur eine Eiterbeule. Daß sich die Reichswehr, welche die Ermordung zweier Generale hinnahm, heillos verstrickte, schon weil sie bei hemmungslosen Verbrechen Schmiere stand, erkannte er nicht. Vorbehaltlos auf seiten der Reichswehr, die Ernst Röhm in ein Milizheer umwandeln wollte, glaubte er, mit der erschossenen SA-Führerschaft sei die zweite Revolution, brauner Bolschewismus besiegt. Um so mehr empfand er die sogenannte „Kristallnacht“ als Schandfleck der eigenen Nation. Weder Pro- noch Antisemit, sah er in Juden Menschen und – bei Verdiensten – herausragende Staatsbürger. Er befaßte sich, 1938, mit den Erhebungsplänen seines Vorfahren Gneisenau, aber Stauffenbergs innere Betroffenheit überdeckten Hitlers Erfolge. Die Allgemeine Wehrpflicht und Rückkehr der Saar, das Einrücken ins Rheinland, den „Anschluß“ Österreichs und der Sudetengebiete mußte insbesondere der Soldat bewundern. Unwahrscheinlich, daß Stauffenberg – angesichts derartiger Triumphe – Realitätsverluste des Diktators gewahrte. Nie neigte gerade er dazu, Hitler, „den Beweger“, zu verkleinern. Sein überliefertes Wort, „der Narr“ riskiere Krieg, Wort im Schatten wachsender Spannungen, ist kein Einwand.
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