Die »Demokratieretter« wollen Björn Höcke die Grundrechte entziehen

von Mirjam Lübke

Die »Demokratieretter« wollen Björn Höcke die Grundrechte entziehen

Björn Höcke, obwohl oft verteufelt, riecht keinesfalls nach Schwefel, sondern duftet allenfalls ein wenig nach Zitronengras. Nach einer gehörigen Portion Wählerverachtung und Angstschweiß riecht hingegen der Aufruf eines Düsseldorfers, der dem Thüringer Fraktionsvorsitzenden per Petition die Grundrechte aberkennen lassen will. Vor allem um das aktive und passive Wahlrecht geht es dabei, denn die Thüringer AfD steht in der Wählergunst sehr gut da und hat die etablierten Parteien längst an Zustimmung überrundet. Einen Zufall kann man das kaum nennen, denn seitdem der Wähler den einstmals so geliebten Grünen und der ehemaligen Arbeiterpartei SPD ihre Gunst entzogen haben, werden Stimmen laut, dass dem Bundesbürger an der Wahlurne nicht mehr zu trauen sei. Anstatt nun die Schuld für diesen Liebesentzug in der aktuellen Politik zu suchen, welche konsequent alle Krisen aussitzt, wächst die Panik vor jenen, die etwas anders machen wollen. Im medialen Neusprech nennt man so etwas nicht mehr einen »Wechsel der Richtlinien«, sondern greift tief in die Kiste des Angstvokabulars: Eine »Abschaffung des demokratischen Systems« sei geplant, oder gar ein »gewaltsamer Umsturz«. Bekanntlich sind die Unheilspropheten hierbei auf Unterstellungen und Vermutungen angewiesen oder schließen von sich auf andere: Der Anglizismus »System Change«, wie er von diversen Umweltaktivisten verwendet wird, hört sich doch gleich viel harmloser an und wird medial bejubelt.

Der Angstschweiß kann einem auch ausbrechen, wenn man sich die Vielzahl der Unterzeichner dieser Petition anschaut. Bis zum Bekanntwerden des ominösen Potsdamer Geheimtreffens dümpelte die Liste vor sich hin, nun beeilen sich die »Demokratieretter«, möglichst rasch ihren Namen daraufzusetzen, um im Widerstand gegen den angeblich neu aufkeimenden Faschismus noch rasch ein Fleißkärtchen zu verdienen. Die Geschwister Scholl, die sich unter Einsatz ihres Lebens dem Nationalsozialismus entgegenstellten, würden staunen, welche Social-Media-Helden sich nun in ihren Fußstapfen wähnen, wenn sie im Internet ihren Namen in ein Kästchen eintragen. Man erschaudert wohlig bei dem Gedanken, es jetzt besser zu machen als die eigenen Vorfahren, denen man sich natürlich haushoch moralisch überlegen fühlt. Die Demokratie zu retten, indem man missliebigen Politikern die Grundrechte entzieht, hört sich in den Ohren dieser Menschen wie eine geniale Idee an. Tatsächlich sind derlei Versuche in den vergangenen Jahrzehnten stets gescheitert, denn nicht ohne Grund liegt die juristische Latte dafür sehr hoch. Auch wenn es unseren Freizeit-Demokratierettern nicht gefällt, hat die beschuldigte Person durchaus das Recht, sich gegen den Vorwurf der Verfassungsfeindlichkeit in einer Anhörung zu wehren. Daraufhin lässt sich das zuständige Bundesverfassungsgericht üblicherweise mehrere Jahre Zeit, um den Fall zu prüfen. Björn Höcke im Schnellverfahren von der politischen Bühne zu kegeln, dürfte schon deshalb kaum möglich sein.

Aber nehmen wir einmal an, diese juristische Latte würde gerissen, schließlich hat die Corona-Zeit gezeigt, wie sehr sich auch das Bundesverfassungsgericht durch politische Moden beeinflussen lässt. Man kann sich lebhaft vorstellen, wie sehr dies der ohnehin schon maroden Debattenkultur in Deutschland schaden würde. Wäre es nicht bequem, jede Opposition per Gerichtsbeschluss handlungsunfähig zu machen, anstatt argumentativ gegen sie vorgehen zu müssen? Heute staunte ich nicht schlecht, als ich unter dem Artikel der »Jungen Freiheit« den Kommentar eines AfD-Wählers las, dem der Gedanke an einen Parteiausschluss Björn Höckes auf diesem Wege außerordentlich gefiel, da der Thüringer der Partei schade. Offenbar leidet der Mann, wie die Unterzeichner auch, an schwerwiegender politischer Kurzsichtigkeit und hat das Spiel noch nicht begriffen: Denn ist erst der eine Missliebige beseitigt, wird die etablierte Politik auf den Geschmack kommen und jeden auf die Abschussliste setzen, der ihr in die Quere kommt. Es ist nicht schwer zu erraten, wer demnächst zur Zielscheibe würde: Alice Weidel, die jüngst bei einem Besuch bei protestierenden Bauern eine gute Figur machte, dürfte als nächstes auf der Abschussliste landen. Es könnte aber auch Hans-Georg Maaßen oder Sahra Wagenknecht treffen. Hinter der Maske der Demokratierettung verbergen sich nämlich nicht nur Hysterie, eine Menge Unterstellungen und psychologische Projektion, sondern vor allem angestrengte Bemühungen, dem Meinungskorridor ein noch engeres Korsett anzulegen. Wer gewählt werden darf, bestimmen wir! Denn eine derart schwerwiegende Entscheidung darf auf keinen Fall der Allgemeinheit überlassen werden.

Die Petition gegen Björn Höcke ist somit nur die Spitze des Eisbergs. Dabei spielt es auch keine Rolle mehr, was dieser tatsächlich plant oder denkt, denn er ist längst zur Projektionsfläche für die Nazi-Fantasia-Welt der Öffentlichkeit geworden. Tino Pfaff, lange Zeit Sprecher von »Extinction Rebellion«, einer Klima-Bewegung, die selbst nicht gerade für ihre Zimperlichkeit im Umgang mit anderen bekannt ist, rieb sich kürzlich verwundert die Augen: Für die Beleidigung Höckes wird doch tatsächlich eine Strafe von 3000 Euro von ihm verlangt! Auch diese Verwunderung riecht ein bisschen nach Faschismus, denn in Pfaffs Kreisen ist man fest davon überzeugt, dass Andersdenkende nicht nur ihre Grundrechte, sondern ihr »Menschsein verwirken können«. Wenn unsere Demokratie solche Freunde hat, braucht sie keine Feinde mehr, darüber hinaus trägt ein solches Denken deutliche psychopathische Charakterzüge. Inklusive der Abwesenheit jeglichen schlechten Gewissens. Radikale wie Tina Engel und ihre Bande setzen dieses Gedankengut schließlich in die Tat um und dürfen auf milde Strafen hoffen. Denn es hat sich längst herumgesprochen: Ein »bisschen« Gewalt und Rechtsbeugung gehören heute längst zum guten Ton. Man muss nur lange genug daran arbeiten, seine Feindbilder nach eigenem Geschmack in der Öffentlichkeit zu etablieren.

Mirjam Lübke ist Autorin, Bloggerin und Referentin der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag. Die studierte Historikerin ist ein sehr gesellschaftskritischer Charakter: Vormalig links eingeordnet, neigt sie seit einigen Jahren zu einer konservativ-rechten Haltung. Der rechtspopulistische Online-Blog ANSAGE beschreibt Lübke als „unheilbarer, wortreicher Facebook-Junkie und lebensbejahender Ausbreitungstyp“. Auf der Social Media-Plattform „Twitter“ bezeichnet sie sich selbst als „renitentes Höcke-Fangirl“. Sie hat bereits mehrere Bücher geschrieben, unter anderem das Buch „Schalom Björn! Bekenntnisse eines jüdischen Fangirls“, in welchem sie die investigative Eigenrecherche eines Einhorns skizziert und die deutsche Medienlandschaft und Gesellschaft kritisch unter die Lupe nimmt.

Die folgenden Druckausgaben unserer Zeitschrift sind noch erhältlich:

Ein Kommentar zu “Die »Demokratieretter« wollen Björn Höcke die Grundrechte entziehen

  1. „Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit, die Lehrfreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit, das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis, das Eigentum oder das Asylrecht zum Kampfe gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen.“- So lautet der 18. Artikel des Grundgesetzes.
    Den Hintergrund dieses Artikels bildet das Narrativ, daß wir Deutschen isb in Krisenzeiten sehr anfällig wären für extremistische Propaganda. Damit dann das Volk sein Wahlrecht nicht mißbrauchen kann, gibt es die Möglichkeit des Parteienverbotes und die Möglichkeit Einzelpersonen das passive wie das aktive Wahlrecht zu entziehen. Dem eigenen Volke mißtraut das Grundgesetz so sehr,daß im
    Ernstfall die Demokratie vor dem Volke geschützt wird, in dem die herrschenden Parteien ihnen unliebsame Konkurrenz so verbieten lassen können. Das Verfahren gleicht einem Ehemann,der zu seiner Frau sagt: „Jeden Wunsch erfülle ich Dir, aber nur wenn er mir zusagt!“ Das Volk darf wählen,
    aber nur das,was den Mächtigen des Landes zusagt.

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