Vor dem Bürgerkrieg – die Unvereinbarkeit des Grundsätzlichen

von Julian Islinger

Vor dem Bürgerkrieg – die Unvereinbarkeit des Grundsätzlichen

Die Gleichzeitigkeit des Demonstrationsgeschehens nimmt bereits den Bürgerkrieg vorweg. Die Bauern und das schaffende Gewerbe demonstrieren gegen die Regierung, die Regierung demonstriert an der Seite ihrer urbanen Restwähler und Profiteure des Ancien Regimes (Staatskirche, Medienapparat, Gewerkschaften, Links-NGOs) gegen die Opposition.

Beide Seiten des Protestgeschehens sind mehrheitlich getragen von weißen Biodeutschen, im deutlichen, sich auch optisch zeigenden Gegensatz zu den Hamas-Demonstrationen 2023. Auch daran zeigt sich, wie grundsätzlich die Debatte geworden ist. Es ist eine deutsch-deutsche, eine innerdeutsche Auseinandersetzung. Immer deutlicher tritt so zutage, was Apologeten der „Mitte“ lange nicht wahrhaben wollten.

In Deutschland leben mehrere parallel existierende Großgruppen (man könnte auch „Stämme“ sagen), deren Vorstellung darüber, was Deutschland ist und in Zukunft sein soll, so diametral voneinander abweichen, dass eine gewaltlose Verständigung nicht mehr möglich ist. Das beginnt bereits bei der Sprache. Linke haben sich ein Vokabular gegeben, dass sich deutlich von der Sprachgewohnheit der Restbevölkerung distinguiert (gegenderte Sprache ist hier nur ein Beispiel, weil greifbar), Rechte beschreiben die Welt in einer Weise, die der Linke nur als „Verschwörungstheorie“ abtun kann.

“Graf Helfenstein, im Bauernkrieg gefangen”
Gustav Metz (1817-1853) wahrscheinlich 1844

Die Wahrnehmung der Realität ist eine andere. Über diese Gräben ist kein Dialog möglich. Es wurde ja bereits auch alles gesagt, es ist klar, wo jeder steht. Massenmigration bis zum Volkstod oder Remigration. Ordnung, die wir bestimmen oder Ausgeliefertsein gegenüber den Zwängen globaler Krisen. Global Governance oder nationale Selbstbestimmung. Grenzen oder Anything Goes.

Der Optimist in mir mag an eine gewaltlose Lösung dieses gordischen Knotens glauben, der Pessimist in mir muss an das Spanien vor dem Bürgerkrieg denken.

Julian Islinger, Jahrgang 1987, hat in Hamburg studiert und arbeitet heute politisch in Berlin

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