Die deutsche Minderheit in Slowenien: “Volkstumsarbeit ist nicht chauvinistisch, sondern natürlich”

Interview mit Joachim Paul (AfD, Landtagsabgeordneter in Rheinland-Pfalz)

Die deutsche Minderheit in Slowenien: “Volkstumsarbeit ist nicht chauvinistisch, sondern natürlich”

Die Rolle und Position der slowenischen Minderheit ist in Österreich immer wieder mediales und politisches Thema – zuletzt etwa im Kärntner Wahlkampf. Die Redaktion des Heimatkuriers in Österreich hat vor diesem Hintergrund die Frage gestellt, wie es eigentlich umgekehrt um die Lage der deutschen Minderheit in Slowenien bestellt ist. Dafür haben die Redakteure beim AfD-Landtagsabgeordneten Joachim Paul (Rheinland-Pfalz) nachgefragt, der sich als Burschenschafter bereits seit Jahren für die Belange der deutschen Minderheit im Ausland einsetzt.

Heimatkurier: Sehr geehrter Herr Paul! Die Rolle und Position der slowenischen Minderheit ist in Österreich immer wieder mediales und politisches Thema – zuletzt etwa im Kärntner Wahlkampf. Drehen wir den Spieß einmal um: Wie ist denn eigentlich die Lage der deutschen Minderheit in Slowenien? 

Joachim Paul (AfD): Der slowenische Staat verweigert der deutschen Minderheit noch immer die offizielle Anerkennung – im Gegensatz zu Italienern und Ungarn, die jeweils mit einem Sitz im nationalen Parlament in Laibach vertreten sind. Sie besitzen insbesondere deshalb weitgehende Rechte und werden staatlich gefördert. Dabei hat das Deutschtum Slowenien historisch und kulturell mindestens genauso stark geprägt, wenn nicht sogar deutlich stärker. Ob die deutsche Minderheit dort eine Zukunft hat, hängt also wie seit Jahren allein von der ehrenamtlichen Volkstumsarbeit ab.

Vergleicht man nun die Lage der slowenischen Minderheit in Österreich und die der deutschen Minderheit in Slowenien – welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen? Wie lässt sich diese krasse Asymmetrie der Verhältnisse erklären?

Die Slowenen in Kärnten können sich auf den Schutz der Republik Österreich verlassen, sie genießen umfangreiche Minderheitenrechte, so wie sie z.B. die EU-Charta vorsieht. Die Lage der Deutschen in Slowenien unterscheidet sich von der Lage der Slowenen in Kärnten daher wie Tag und Nacht. Es ist nachvollziehbar, dass die Vertreter der Deutschen in Slowenien diese Rechte auch für ihre Gemeinschaft einfordern und es gleichzeitig begrüßen, dass es der slowenischen Minderheit an nichts fehlt. An dieser Schieflage kann man erkennen, wie stark sich ein klarer politischer Wille auswirkt. Für den slowenischen Staat stehen die Belange der Slowenen in Kärnten ganz oben auf der Tagesordnung, die Republik Österreich verwaltet den unbefriedigenden Status Quo – zwar gibt es regelmäßige Gespräche, aber es bewegt sich eben sehr wenig. Das entspricht leider der Erfahrung, dass politisch linksstehende Regierungen mit nationalen Minderheiten nicht viel anfangen können. In der Bundesrepublik werden sie traditionell vom Bundesinnenministerium vertreten, das heißt aktuell: von einer Ministerin mit Kontakten in die ‚Antifa‘-Szene. Mehr muss man nicht wissen. Dabei könnte die Bundesrepublik und die Republik Österreich für die deutschen Minderheiten in Polen und in Slowenien sehr viel erreichen, und zwar ohne Konflikte heraufzubeschwören. Man bekommt aber gerade auf diesem Handlungsfeld der Politik nichts geschenkt, sondern man muss stetig, klug aber robust auftreten. Dann stellen sich auch Erfolge ein.

Foto: Joachim Paul zu Besuch in Slowenien

Sie reisen selbst regelmäßig nach Slowenien und sind in Kontakt mit den dortigen Vertretern der deutschen Minderheit. Wie würden Sie den Organisationsgrad und die Professionalität der Aktivitäten dort beurteilen – auch verglichen mit anderen Minderheitenvertretern?

Da ist sehr viel Idealismus am Werk! Ich habe viele Jugendliche und junge Erwachsene kennengelernt, die für diese Sache regelrecht brennen. Besonders bewegend war die Begegnung mit einer jungen Frau, die durch die Erforschung der Familiengeschichte auf ihre deutschen Wurzeln gestoßen ist. Die Familie ist im späten Mittelalter aus Freising eingewandert, die Familiengeschichte wurde aber im Dunkeln gehalten. Das war während der Zeit des Tito-Kommunismus notwendig. Die deutsche Minderheit war die letzten Jahre sehr aktiv, zuletzt habe ich mir eine Wanderausstellung über deutsche Minderheiten in Mittel- und Osteuropa angesehen, die in Laibach gastierte. Im Schweigerhaus, dem Sitz der deutschen Minderheit in der Altstadt von Laibach, fanden die letzten Jahre über viele Konzerte und Veranstaltungen statt, diese Kulturarbeit ist angesichts der politischen Lage aller Ehren wert.

Welche Erwartungen haben die Vertreter der deutschen Minderheit in Slowenien an Länder wie Österreich und Deutschland? Was könnten diese Staaten realistischerweise für sie erreichen? Und welche Rolle müsste hierbei die Europäische Union spielen, die sich den Minderheitenschutz immerhin großspurig auf die Fahne geschrieben hat?

Auf die Europäische Union kann man sich auch hier nicht verlassen. De facto spielen die beschlossenen Konventionen nur eine Rolle, wenn sie politisch opportun sind – mit der Konsequenz, dass die EU sich nicht nennenswert für die deutschen Minderheiten einsetzt. Im Gegensatz zu Sinti und Roma, um nur ein Beispiel zu nennen. Dabei wäre es für das größte Nettozahlerland ein Leichtes, sich wirkungsvoll einzubringen und Verbesserungen zu erreichen. Zum Beispiel die Einrichtung eines muttersprachlichen Unterrichts, der die Kulturpflege stärkt, eine ausreichende Finanzierung der Kulturarbeit bis hin zur offiziellen Anerkennung. Da ist aber insbesondere die Republik Österreich gefragt. 

Sie selbst sitzen für die AfD im Landtag von Rheinland-Pfalz und beschäftigen sich in dieser Funktion intensiv mit entscheidenden Zukunftsthemen wie Digitalisierung, Innovation und der Zukunft des Wirtschaftsstandortes in der BRD. Wie verbinden Sie das mit ihrem Einsatz für die deutschen Minderheiten in Slowenien, Polen und der Ukraine?

Als Burschenschafter bin ich im Rahmen der Verbandsarbeit der Deutschen Burschenschaft früh mit der Lage der deutschen Minderheiten vertraut gemacht worden. Mein Verbandsbruder Bruno Burchard, Alter Herr der Burschenschaft Olympia Wien, hat hier wirklich Großartiges geleistet, indem er historische und kulturelle Kenntnisse vermittelt und das Bewusstsein für eine nachhaltige Volkstumsarbeit geschärft hat. Aus der Tatsache, dass meine Burschenschaft 1817 in Breslau gegründet wurde und ihr schlesisches Erbe pflegt, ergibt sich natürlich bereits eine Verbindung zu der Minderheitenfrage. Im AfD Bundesvorstand konnte ich die Plattform der Partei nutzen, um auf das Schicksal unserer Landsleute in der Ukraine hinzuweisen. Eine nationale Partei muss immer auch Anwältin der deutschen Minderheiten sein. Von den Altparteien war und ist nichts oder nicht viel zu erwarten.

Viele Menschen halten die Beschäftigung mit einem derartigen Thema (Stichwort: Volkstum) für antiquiert und im 21. Jahrhundert nicht mehr für zeitgemäß – was würden Sie dem entgegnen?

Eine Journalistin hat die vorhin erwähnte junge Frau, die sich heute stark in die Kulturarbeit der deutschen Minderheit einbringt, einmal gefragt, warum das alles heute noch wichtig sei? Sie hat mild gelächelt. Es gibt eben Menschen, die sich nicht nur als Sozialatome und Konsumenten betrachten, sondern die eigene Identität als Teil ihres Menschseins begreifen. Armin Mohler hat sehr treffend darauf hingewiesen, dass der Mensch stets und immer in eine Kultur eingebunden ist, er ist nie isoliert und für sich alleingenommen Mensch, so sehr er diese Wurzeln auch ablehnt und verdrängen will. Das sogenannte Weltbürgertum ist lediglich eine fragile Denkfigur. Wir leisten Volkstumsarbeit nicht, weil wir Chauvinisten sind, sondern weil das schlichtweg naheliegend und natürlich ist.

Abschließend: Welche Vision haben Sie persönlich für die Situation der Deutschen im Ausland und wie lässt sich diese Vision in ein Gesamtbild eines modernen Europas im 21. Jahrhundert integrieren?

Eine Regierung, die deutsche Interessen vertreten will, könnte sich an der ungarischen Regierung ein Beispiel nehmen und die deutschen Minderheiten in das Bewusstsein der gesamten Republik rücken. Ungarn setzt sich sehr robust für die Landsleute, die in der Ukraine, Rumänien und der Slowakei in ihren alten Siedlungsgebieten leben, ein – auf der politischen Ebene, aber auch durch die sehr starke Förderung des Jugendaustausches bis hin zur Ausstattung mit dem allgemeinen Wahlrecht. Ich bin dafür dankbar, dass die Regierung Orban die Vertreibung der Ungarndeutschen beziehungsweise Donauschwaben durch die Kommunisten im Rahmen eines offiziellen Gedenktags am 19. Januar jeden Jahres ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückt. Umfassende Öffentlichkeit herstellen – das ist immer der erste Schritt, aus dem sich dann weitere ergeben. Europa ist geradezu der Kontinent autochthoner Minderheiten, die unseres Schutzes bedürfen, wenn wir dieses gemeinsame europäische Erbe bewahren wollen.

Sehr geehrter Herr Paul, herzlichen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte die österreichische Redaktion der Internetplattform Heimatkurier: https://www.heimat-kurier.at/

Wir bedanken uns herzlich für die Genehmigung zur Nachveröffentlichung und empfehlen unseren Lesern diese sehr informative Internetseite.

Die beiden Druckausgaben unserer Zeitschrift sind noch erhältlich:

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