Geopolitik – neue Allianz im Entstehen: Saudi-Arabien – Iran – Pakistan – China

Von Peter Logghe

Geopolitik: neue Allianz im Entstehen – Saudi-Arabien – Iran – Pakistan – China

Das iranische Atomprogramm war in der Vergangenheit regelmäßig in der Presse und ist es bis heute. Grund dafür dürfte vor allem der jahrzehntelange Clinch mit den USA sein. Die saudische Atompolitik gestaltet sich hingegen viel ruhiger. Im Jahr 2008 unterzeichneten die USA und Saudi-Arabien ein Abkommen über die nicht-militärische Nutzung der von Saudi-Arabien erzeugten Kernenergie. Im November 2021 kündigte Saudi-Arabien an, daß es in Kürze bekannt geben wird, wer die Leitung des Atomprogramms übernehmen wird.

Atomkraft und Saudi-Arabien, das sorgt weiterhin für Unruhe, nur nicht in der westlichen Welt. Bereits 2003 gab es einen Aufschrei in der Region, als bekannt wurde, daß das saudische Königreich die Atombombe bauen wollte. Im Jahr 1988 kauften die Saudis von den Chinesen Raketen, die jedes Ziel im Nahen Osten erreichen können. Und 1984 wurde ein saudisches Militärteam, dem auch der damalige Verteidigungsminister Prinz Sultan angehörte, in Pakistan empfangen, wo es zusammen mit dem damaligen pakistanischen Premierminister Nawaz Sharif die Atomanlagen besichtigte. Der pakistanische Wissenschaftler Abdul Qadeer Khan, der geistige Vater der pakistanischen Atombombe, versorgte den saudischen Prinzen mit Informationen über Kernenergie und die Atombombe. Im Jahr 2012 unterzeichneten Pakistan und Saudi-Arabien ein Abkommen über die gegenseitige Zusammenarbeit im Bereich der Kernenergie.

Das Thema wurde von den USA lange heruntergespielt: War Saudi-Arabien nicht jahrzehntelang ein bevorzugter Verbündeter der USA? Doch die Beziehungen zwischen den USA und Saudi-Arabien scheinen sich unter dem Einfluss von Bidens neuer, „idealistischer“ Außenpolitik zu verschlechtern. Präsident Joe Biden betonte, daß seine Außenpolitik von nun an von den Menschenrechten bestimmt sein werde – auch wenn diese Menschenrechte von den USA in ihren Beziehungen zu einigen Ländern wie Kolumbien und Marokko auf heuchlerische Weise ausgelegt werden.

Diese „idealistische“ Außenpolitik führt zu Spannungen zwischen den USA und Saudi-Arabien. So werden beispielsweise die Houthi-Rebellen im Jemen, die gegen das legale jemenitische Regime kämpfen, das von Saudi-Arabien unterstützt wird, von den USA nicht mehr als Terroristen betrachtet. Die USA kündigten auch einen Vertrag über Waffenverkäufe an Saudi-Arabien.
 
China nutzt jede Lücke, die der Westen läßt

Das saudische Atomprogramm wurde 2018 mit Unterstützung Chinas gestartet. Doch Israel und die USA fühlen sich damit nicht wohl. Peking half beim Aufbau einer saudischen Anlage zur Gewinnung von Yellowcake aus Uranmineralien. Könnte es sein, dass Riad mehr und mehr auf gute diplomatische Beziehungen zu Peking setzt, anstatt die Beziehungen zu den USA fortzusetzen?

Wenn dieses Szenario zutrifft, könnten die pakistanischen Behörden durchaus die Brücke zu neuen, erweiterten chinesisch-saudischen Beziehungen sein. Es ist vielleicht nicht unbedeutend, dass das saudische Königreich Anfang Oktober beschloss, Pakistan – das sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befindet – einen Finanzrahmen von 4,2 Milliarden Dollar anzubieten.

Es überrascht nicht, daß es Gerüchte über eine neue Achse China-Saudi-Arabien-Pakistan gibt, deren Drehscheibe der Hafen von Gwadar in Pakistan an der Küste des Arabischen Meeres sein soll. Islamabad übergab 2013 die Kontrolle über den Hafen an ein chinesisches Staatsunternehmen. Der Hafen ist für China von strategischer Bedeutung, da mehr als die Hälfte des von China importierten Erdöls aus der Golfregion stammt und durch die Straße von Hormuz knapp 650 Kilometer von Gwadar entfernt passiert wird. Gwadar ist einer der wichtigsten Wirtschaftspunkte auf Chinas „One Belt One Road“-Route (Teil des chinesischen Seidenstraßenprojekts).

Bei seinem Besuch in Pakistan im Februar 2021 kündigte der saudische Prinz Sultan an, daß das Königreich in die Erdölraffinerie Gwadar investieren werde. China und Saudi-Arabien haben große geoökonomische Interessen an der pakistanischen Infrastruktur.

In Anbetracht der Partnerschaft zwischen China, Pakistan und Saudi-Arabien kommt auch die Partnerschaft zwischen China und dem Iran wieder ins Spiel. China könnte als Vermittler auftreten, um die sich verbessernden Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran noch schneller in die richtige Bahn zu lenken.  Denn das derzeit geopolitisch eher isolierte Saudi-Arabien braucht neue Partner. Wenn es dem saudischen Königreich gelingt, die Beziehungen zu China zu optimieren und die Beziehungen zum Iran auf den richtigen Weg zu bringen, dann könnten auch die nuklearen Ambitionen Saudi-Arabiens verwirklicht werden. Auf jeden Fall werden die neuen Partnerschaften nicht zur geopolitischen Ruhe im Nahen Osten und in Zentralasien beitragen, sondern die geopolitischen Rahmenbedingungen in der Region grundlegend verändern. 
 

Peter Logghe

Peter Logghe (geb. 20.03.1959) ist Jurist und war mehrere Jahre Chefredakteur des politischen Magazins TeKoS, das sich an die Leserschaft von Flandern und den Niederlanden richtet. Auch heute noch arbeitet Peter Logghe als Redaktionssekretär für diese Zeitschrift. Die aktuelle Ausgabe widmet sich der Macht der Medien. U. a. wurde dazu Dieter Stein (Herausgeber und Chefredakteur der JUNGEN FREIHEIT) interviewt.

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