Sterbende Völker hinterlassen keine Mythen!

von Klaus Kunze

Sterbende Völker hinterlassen keine Mythen!

Sag mir, wo die Mythen sind, wo sind sie geblieben, was ist geschehn?

Der Verlust der Kindheit ist unwiederbringlich. Nicht mehr umkehrbar ist auch die Aufklärung über alles Geheimnisvolle, Verborgene, Mythische: Es existiert nur im Kopf.

Glänzende, kugelrunde Kinderaugen vor dem brennenden Weihnachtsbaum, das gruselnde Frohlocken, wenn die böse Hexe im Ofen landet, Zauber der Kindheit – wohin seid ihr entschwunden?

Mit dem Erwachsenwerden beginnt, bei den meisten Menschen mit IQ über 100, das kritische Denken. Zweifelndes Selbst-Denken ist eine Angewohnheit, die man dann niemals mehr ablegen kann. Der Verlust des Märchenhaften besitzt eine individuell-emotionale und eine hochpolitische Dimension. Diese besteht darin, daß der Mythos Kollektive zusammenhalten kann. Er stiftet Identität. Er vermag Menschen sogar in aussichtsloser Lage Kraft zu geben und in Nibelungentreue zusammenzuschweißen. Negative Mythen von seiner eigenen Verworfenheit aber können ein Volk neurotisieren.

„Der alte Barbarossa, der Kaiser Friederich, im unterirdschen Schlosse hält er verzaubert sich.” Friedrich Rückerts Gedicht aus dem Jahr 1817 hat mit Sicherheit zur Bekanntheit der Barbarossasage beigetragen. In der Barbarossahöhle im Kyffhäusergebirge soll Kaiser Friedrich I. noch heute schlafen und auf die Einigung Deutschlands warten.

Der Verlust

Der Verlust des Metaphysischen hat bei vielen Glaubensbedürftigen einen Phantomschmerz hinterlassen. Einer, der den Verlust des Gemeinschaftssinnes beklagt, ritt just nach Weihnachten auf Twitter eine Generalattacke gegen Nietzsche.

Ich lasse den anonymen „Fädenzieher“ hier ausführlich zu Wort kommen:

„Mit Nietzsche ist keine sakrale Dimension möglich. Er ist im Kern “moderne” und Humanist. Besonders deutlich hier:

‘All die Schönheit und Erhabenheit die wir den wirklichen und eingebildeten Dingen geliehen haben, will ich zurückfordern. als Eigenthum und Erzeugniß des Menschen: als seine schönste Apologie. Der Mensch als Dichter, als Denker, als Gott, als Liebe, als Macht: oh über seine königliche Freigebigkeit, mit der er die Dinge beschenkt hat, um sich zu verarmen und sich elend zu fühlen! Das war bisher seine größte Selbstlosigkeit, daß er bewunderte und anbetete und sich zu verbergen wußte, daß er es war, der Das geschaffen hat, was er bewunderte.’ (KSA 13, 41). Kurz: Jeden Wert hat der Mensch nur auf die Welt projiziert. Gott ist nur eine Fiktion. Nietzsches Lösung des Nihilismus ist es, das anzuerkennen und dann via “heroischem Nihilismus” einfach weiterzuprojizieren, zu erfinden und “Werttafeln” aufzustellen. Das ist der geheime Grund warum Nietzsche bei vielen Linken so beliebt ist und warum er, zB im Unterschied zu Heidegger im akadem. Betrieb etabliert & kaum verfemt ist. Er paßt einfach besser zur modernen humanistischen Idee & ist bis zuletzt ein Teil der Aufklärung. Dieses Denken ist Gift für jeden religiösen und nationalen Mythos. Nietzsches Versuch die Aufklärung gewaltsam, relativistisch (& listig) zu überbieten scheitert und was bleibt ist seine verheerende Wirkung: Nominalismus, Beliebigkeit, Amoralismus, etc.“ (Der Fädenzieher, Twitter 25.12.2023)

Recht hat er, der Fädenzieher. Ohne Gemeinschaft stiftenden Mythos gibt es auf Dauer keine stabile Gemeinschaft. Nietzsche war totaler Individualist. Nichts Sakrales hielt seinem Spott stand. Und Unrecht hat er auch, der Fädenzieher, denn Nietzsche führte völlig zu Recht alles Sakrale, allen Mythos, alles Übersinnliche, Moralische, Spiritualistische zurück auf seinen jeweiligen menschlichen Schöpfer. Es waren alles Menschen, die sich all diese tollen Sachen ausdachten, von Odins Raben bis zur Weihnachtsbescherung, von den Nibelungen bis zum modernen Klimamythos.

Die ungarische Stephanskrone (um 1000 n.Chr.) symbolisiert den Mythos ungarischer Staatsbildung. Nur wer sie trägt, ist rechtmäßiger König. Die geistige Zerstörung eines Volkes beginnt, wenn man ihm seine Mythen nimmt.

Es ist eine wunderbare Eigenschaften am Menschen, sich ganze Vorstellungswelten zusammenzureimen: vom Geist des an die Höhle gemalten Mammuts bis hin zu Perry Rhodan dem Weltraumfahrer, einem modernen Mythos.

Wer fest daran glaubt, seine Vorstellungswelten seien real, hätten schon immer irgendwo existiert und würden ewig fortleben, ist, so der philosophische Terminus, ein Metaphysiker. Diese können äußert gereizt reagieren, wenn man die Realität ihrer Geistesblitze anzweifelt. Diese Zweifler nannten die antiken Platoniker „Sophisten“ und verrissen ihre Schriften. Bis heute wettern metaphysisch Inspirierte wie der frühere Kölner Ordinarius (u,a,) für Rechtsphilosophie Ernst von Hippel:

Die Sophistik kennzeichnet sich als profanes Denken, das weder um Götter noch um objektive Sinngehalte (1) weiß oder auch wissen will. Der Verlust des religiös-moralischen Bereichs, aus dem die Prinzipien für Ordnung an sich (2) stammen, läßt das sich ‚frei‘ fühlende Subjekt die Verstandeskräfte nun egoistisch im Streit der Rede gebrauchen, um seinen Standpunkt und sein Interesse durchzusetzen.“

ERNST VON HIPPEL, STAATSDENKER DER ANTIKE, DÜSSELDORF 1957, S.13.

“Schon im 6./5. Jahrhundert v. Chr. hatten Männer wie AnaximanderPythagorasXenophonParmenides und Herakleitos mit ihren Welterklärungen deutlich gemacht, dass sich unter den Griechen die Glaubwürdigkeit des Mythos auflöste, die Götter seien Welterschaffer und bestimmten das Leben des Menschen” (Wikipedia). In der Tat gibt es zwischen metaphysisch gläubigen und aufgeklärten Menschen eine tiefe Kluft, tiefer als der oft beschworene Rechts-Links-Gegensatz. Es gibt rechte wie linke Metaphysiker, nur ist der Inhalt ihres Glaubens ein anderer. Doch ihre Denkstruktur ist dieselbe: Ein Metaphysiker behauptet, seine Deutung der Welt gelte universell und absolut, denn sie entstamme irgendwelchen „höheren“ Sphären oder Mächten. Er sieht sich eingebettet in einen Ordnungsrahmen jenseitiger oder immanenter Mächte, denen er sich unterworfen wähnt.

Deren einstiges Eingreifen bildet des Kern des jeweiligen Mythos eines jeden Metaphysikers. Hier wurzelt seine äußerste Sehnsucht, hieran klammert sch sein tiefster Glaube. Bei Linken ist der Urmythos im Kern der Paradiesglaube an eine konfliktfreie Vorzeit ohne eigene Arbeit. Rechte Urmythen gab es viele. Sie kreisen um siegreiche Helden und Befreier aus den Niederungen der Gegenwart, etwa: „Höre Rübezahl, was wir dir klagen, Volk und Heimat die sind nicht mehr frei. Schwing die Keule wie in alten Tagen, schlage Hader und Zwietracht entzwei.“

Moritz von Schwind (1804–1871), (Der Berggeist) Rübezahl

Als recht kleiner Junge sang ich das fast mit Tränen in den Augen. Als großer Junge fiel mir auf, daß darauf kein Rübezahl erschien, wie auch kein Kaiser Barbarossa wiederkehrte „mit ihr, zu seiner Zeit“ (3), daß selbst unser alter Kaiser schon zwölf Jahre vor meiner Geburt gestorben war und ich meine Angelegenheiten wohl selbst in die Hand nehmen mußte.

Der Mythos in uns

Es gibt keinen Grund, einen endgültigen Verlust des Mythischen zu betrauern. Nur geraten manche Mythen in Vergessenheiten, wenn sie die Herzen nicht mehr bewegen. Neue Mythen werden propagiert und instrumentiert: Der Mythos von der Kolonialschuld, der Mythos, der seit Äonen anhaltende Klimawandel sei menschengemacht, der Mythos von der Erbschuld und besonderen Verantwortung bis zu Kind und Kindeskind, der Mythos von der Vertretbarkeit individueller Interessen durch ein gewähltes Gremium, der Mythos einer Volkssouveränität, um nur einige zu nennen.

In den Köpfen nicht kritisch hinterfragender Zuschauer unseres Staatsfernsehens sind diese Mythen sehr lebendig und werden durch tägliche Wiederholung am Leben gehalten. Da sterben fast jeden Tag in irgendeinem Programm mal wieder die Saurier aus, verliert dieser Sie-wissen-schon-wer seinen Krieg und müssen wir uns wohl bald Flossen wachsen lassen, weil unser Klimawandel den Pegel steigen läßt. Auch in vorgeschichtlichen Zeiten entstanden Mythen durch ständige Wiederholung und Wiedererzählen wie der Mythos von Gilgamesch, der als Baby auf einem Fluß ausgesetzt wurde und die spätere Sintflut oder der Mythos vom strahlenden Helden Siegfried, der den Drachen tötete.

Mythen leben in unseren Köpfen fort, solange wir sie weitersagen, solange unsere Kinder sie sich mit großen, staunenden Augen anhören. Das erfordert freilich erst einmal – Kinder. Sterbende Völker hinterlassen keine Mythen.

Jeder vermag die ihn bewegenden Mythen am Leben zu halten. Wer mit glänzenden Augen das Filmepos „Vikings“ (4) sieht und sich eine vermutliche Wikingerfrisur schneiden läßt, übernimmt die von den skandinavischen Sängern, den Skalden, überlieferte Sicht der Eroberungsfahrten des 8. bis 10. Jahrhunderts. Er muß nicht wirklich an Odin und Thor glauben, um die mythisch verklärte Sicht auf die realen Lebensverhältnisse der Skandinavier emotional anziehend zu finden. Er muß, erfreulicherweise, auch keine Menschenopfer für Odin bringen wie die Wikinger  und keine Apostaten ans Kreuz zu nageln wie im Film ihre christlichen Zeitgenossen. Menschenopfer brachten die Skandinavier regelmäßig, und in der Verfilmung prallen altgläubiger und christlicher Mythos blutig aufeinander.

Mythen leben, solange sie den Lebenden etwas zu sagen haben. Einen Glauben an die Realität des Mythischen erfordern sie nicht. Generationen kleiner Jungs fühlten sich mit ihrem Holzschwert so stark wie Siegfried der Drachentöter. Anderen Generationen beugte man das Haupt, um sich vor hölzernen Krippen niederzuknien, in die man auf Holz und auf Stroh ein kindliches Holzfigürchen gelegt hatte.

Jeder kann sich aus dem Fundus der unzähligen Mythen aussuchen, was zu ihm paßt. Jeder Mythos trägt eine Botschaft in sich. Wer sie vernimmt und sich zu eigen macht, den kann sie in seinem Alltag und seinen Lebensentscheidungen bestärken. Nietzsche war ein aufklärerischer Denker, der die Metaphysik fremdbestimmender Mythen abgeschüttelt hat. Er weist darauf hin, daß jeder selbst Schöpfer seines eigenen Mythos sein kann. Und er schuf gleich selbst einen: den Mythos des “Übermenschen”, des erwachsenen, geistig selbständigen, unabhängigen Denkers: Er ist stark genug, auszuhalten, daß niemand vom Himmel steigt und uns einen Sinn stiftet. Damit schuf Nietzsche eine geistige Vorbedingung für den späteren heroischen Realismus.

Die Botschaften beinhalten Verhaltensmaximen. Sie schildern menschliche Vorbilder in ihrem Ringen gegen menschliche Kräfte und manchmal übermenschliche Mächte.

Wir brauchen Mythen, und sie werden in Menschen leben, solange es Menschen gibt.


(1) Es gibt keine objektiven Sinngehalte, wie der Anthroposoph v. Hippel behauptete, sondern nur von Personen gesetzte und nur individuell gültigen Sinn. Uns ist kein Sinn gestiftet, das kann uns keine „höhere“ Instanz abnehmen.

(2) Es gibt keine Ordnung an sich, sondern nur menschengemachte, willkürlich gesetzte zwischenmenschliche Ordnungsprinzipien. Von ihnen zu unterscheiden sind biologische Antriebe wie der Brutpflegetrieb, der nicht erst „gesetzt“ werden muß.

(3) Vgl. Friedrich Rückert, Der alte Barbarossa.

(4) In großen Teilen exakt nach der Ragnar-Lodbrok-Sage, vgl. diese abgedruckt bei: Friedrich Heinrich von der Hagen, Ragnar-Lodbroks-Saga und Norna-Gests Saga, Breslau 1828 (bei Google-Books), vgl. auch den Wikipedia-Eintrag zu Ragnar Lodbrok.

Dieser Kommentar erschien auch auf der stets lesenswerten Internetseite von Klaus Kunze: http://klauskunze.com/blog/2023/12/28/sag-mir-wo-die-mythen-sind/

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Klaus Kunze

Klaus Kunze, seit 1984 selbständiger Rechtsanwalt in Uslar, von 1970-71 Herausgeber eines Science-Fiction-Fanmagazins, von 1977 bis 1979 Korrespondent der Zeitung student in Köln, seit 1978 diverse Beiträge in genealogischen und heimatkundlichen Fachzeitschriften, seit 1989 Beiträge für politische Zeitschriften wie u. a. die Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT

Autor der Bücher:

Klaus Kunze, Die solidarische Nation

Klaus Kunze: Die solidarische Nation. Wie Soziales und Nationales ineinandergreifen. Gebundene Ausgabe, 206 Seiten, Preis: 19,80 Euro ist hier erhältlich: https://lindenbaum-verlag.de/produkt/die-solidarische-nation/

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4 Kommentare zu „Sterbende Völker hinterlassen keine Mythen!

  1. Sie widersprechen sich – wie schon bei unserer letztlichen Debatte zur Frage von Monotheismus / Pantheismus / Atheismus hier – regelmäßig selbst. Am Ende Ihres Artikels sagen Sie, wir brauchen Mythen. Darüber tun Sie, wie schon in der Debatte vor einiger Zeit, alles, um diese (in bester linksliberaler Manier) zu dekonstruieren und rationalistisch zu „entzaubern“. Manchmal habe ich den Eindruck, Sie sind Opfer Ihres eigenen, im Artikel ja auch angeführten zweifelnden Denkens geworden. Sie wollen glauben, Sie wissen, dass Menschen glauben SOLLTEN, schaffen es aber selbst nicht mehr. Die Postmoderne hat Sie in ihren liberal-rationalistischen Fängen. Emanzipieren Sie sich doch mal davon! Das geht. Es geht halt nur nicht, wenn man dem liberal-rationalistischen Atheismus den wissenschaftsfeindlichen christlichen Monotheismus entgegenstellt. Diese Dichotomie ist nicht auflösbar. Einzig der unitarische Pantheismus schafft es, Glaube und Wissenschaft in Harmonie zu vereinen. Und genau ab dem Punkt kann auch der kritisch-zweifelnde Verstand des modernen (nicht: postmodernen!) Menschen wieder im Einklang leben mit Mythen, Mystik und Metaphysik.

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  2. Eingedenk der Kritik der „zynischen Vernuft“ Peter Sloterdijks kann die Aporie dieses Artikels so auf
    den Punkt gebracht werden: Alle Mythen sind unwahr und: Ohne Mythen kann der Mensch nicht (über)leben. Man vergiftet das Trinkwasser, um es dann als lebenserhaltend zu bewerben!

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  3. Das seelische Bedürfnis nach Metaphysik zeigt sich eindrucksvoll in den Kommentaren der beiden – von mir persönlich hochgeschätzten – Metaphysiker. Ihr Bedürfnis nach einem transzendenten Jenseits oder zumindest dem Diesseits immanenten wertsetzenden Normen überrundet dabei locker das rationale Denken.
    Gemeinsame Mythen stiften Zusammengehörigkeitsgefühl. Dieses erfordert aber nicht, im ontologischen Sinn an ihren Wahrheitsgehalt zu glauben, wie Metaphysiker es tun. Wenn Menschen gemeinsam von der Rückkehr Barbarossas träumen, der einst wiederkehren wird mit des Reiches Herrlichkeit, verbindet dieser Mythos die Menschen völlig unabhängig davon, ob sie ihrem Traum für irgendwann realisierbar halten oder ob ihnen klar ist, daß es nur eine gemeinsame Wunschvorstellung ist. Darum besteht kein Widerspruch zwischen der ersten Feststellung, daß echte Mythen (bloß) ersonnen sind und der zweiten, daß sie für Kollektive offenbar notwendig sind.
    Die Entzauberung des Mythischen hat nichts mit liberalem Denken zu tun, sondern geschah bereits durch griechische Vorsokratiker, also vor 2500 Jahren. Sie stellten in Frage, ob es wirklich der mythische Zeus war, der vom Olymp Blitze zucken ließ.

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  4. Es tut mir leid, aber Nietzsche war nicht der reine Destruktor, als den Sie ihn darstellen. Sein Hauptwerk – der Zarathustra – ist auch wohl kaum abseits von einem Mythos verstehbar. Insofern scheint mir die Prämisse gegen Nietzsche bereits offenkundig zweifelhaft. Wie kommen Sie also dazu? Bei Nietzsches Charakter und umfangreichen Nachlass findet man allerlei, aber das muss nicht den Kern des Denkens ausmachen. Auch bin ich mir nicht sicher, wie sie zu dem Schluß kommen, Nietzsche sei einzig krasser Individualist gewesen. Genie macht eben auch einsam, wenn man seiner Zeit so weit voraus ist. Auch wer den Aphorismus 125 in den Fröhlichen Wissenschaften wirklich liest, seinen „Gott ist tot“ Aphorismus, dem wird klar, da wird massivst betrauert und nicht frohlockt. Mir scheint es mindestens genauso schlüssig zu behaupten (bzw. eher mehr), dass er als Genie verkannt wurde, die Anerkennung versagt wurde, ihn verbitterte und deswegen von anderen entfremdete. Selbst durchgeistigte Professoren seiner Zeit waren im Vergleich zu ihm „Normies“.

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