von Henning Eichberg
Die Theorie des Volkes ist Teil einer Philosophie des Unterschieds.
Arbeitsthesen zu einer humanwissenschaftlichen Volkstheorie
Es gibt zahlreiche Staats- und Markttheorien, aber so gut wie keine Volkstheorie. Die Vernachlässigung dieses dritten Bereichs muß einen tieferen Sinn haben – und ist dennoch nicht hinzunehmen.
Das Volk ist ein – oder das – Grundwort der Demokratie. „Die Staatsgewalt geht vom Volke aus“ (Deutsche Verfassung 1919, Art. l).
„Volksstimme“, „Volkswille“, „Volkszeitung“, „Volksstaat“, „Volkspresse“ und „Volksfreund“ oder auch einfach „Das Volk“ – so hießen klassische Zeitungen der Linken. Haus des Volkes, Volksfront, Volksdemokratie, Volkssolidarität, Volkskammer, „Dem Volke dienen“, „Sieg im Volkskrieg“, people’s liberation – „Volksgesundheit“, „Volkssport“ –…
Volk war stets ein Grundbegriff der Linken. Socialistisk Folkeparti nennt sich die dänische Linkspartei, „Danmark for folket“ („Dänemark dem Volke“) heißt ein Kampflied der Sozialdemokratie, und „Land og folk“ war die Zeitung der dänischen kommunistischen Partei. Aber Sozialisten entwickelten bislang allenfalls Klassentheorien, keine Volkstheorie. In lichtesten Augenblicken sprach man vom „eigenen Weg jeden Volkes zum Sozialismus“.
„Für König, Volk und Vaterland“, Österreichische Volkspartei und Partito Popolare – „Völkischer Beobachter“, „Ein Volk, ein Reich ein Führer“, „Volksgerichtshof“ und „völkisches Turnen“ – auch die Rechte bezog sich immer wieder auf das Volk. Das gilt sowohl für den konservativen Teil (in Dänemark Konservativt Folkeparti und Kristeligt Folkeparti) als auch für völkische Extremisten, Populisten und fremdenfeindliche Bewegungen (Dansk Folkeparti). Aber die theoretische Anstrengung richtete die Rechte eher auf anderes, insbesondere auf Staatstheorien. Auch auf Elitetheorien oder im problematischeren Fall auf Rassentheorien.
Der Volksbegriff ist unbequem. Wiederholt hat man versucht, den Volksbegriff zu ersetzen durch „Bevölkerung“. Das ist mehr als sprachliche Kosmetik. Das Subjekt gesellschaftlichen Handelns – „wir“ – wird unsichtbar gemacht zugunsten einer Kategorie administrativer Beherrschung und Beschreibung: „die da“.

„Dem deutschen Volke“ die Bodenskulptur „Die Bevölkerung“
Es gibt Versuche, das Volk der Demokratie zu ersetzen durch „den Bürger“. Damit wird das kollektive Subjekt politischen Handelns ersetzt durch die Konstruktion des Einzelnen. Das paßt in die neoliberale Individualisierungsstrategie. Wo „wir“ sind, soll „ich“ werden: das Ich, das kauft. Solcher Mitbürgerismus wendet sich nicht zuletzt gegen die unbürgerlichen oder gar antibürgerlichen Untertöne des Volksbegriffs.
Das moderne „Volk“ und die Demokratie entstanden parallel und waren im historischen Prozeß miteinander verbunden. Der Demokratiebegriff setzt einen Volksbegriff voraus. Demokratietheorie wurde jedoch stets der Staatstheorie untergeordnet, als ob es die Notwendigkeit einer Abklärung hinsichtlich des „Volkes“ nicht gebe. Demokratie – „Volksherrschaft“ – ohne Volk, das ist Herrschaft. Es ist nichts als Herrschaft. …
Volkstheorien scheinen, wenn überhaupt, dann zu solchen Zeitpunkten aufzutauchen, da die Herrschaft dazu ansetzt, das Volk als politisches Subjekt abzuschaffen. Vereinzelte völkisch-konservative Theorieansätze wurden in der Zwischenkriegszeit entworfen, als der machtgestützte Rassismus daran ging, das Volk der Demokratie durch die biologische „Rasse“ zu ersetzen. Aktuelle juridische Theorieversuche begleiten den Versuch, die Völker der Demokratie durch die Konstruktion eines machtdefinierten „Europabürgers“ zu ersetzen.
Das Volk ist nicht harmlos. Die Geschichte der Moderne ist eine Geschichte von Völkermord, Genozid und Ethnozid. Man mag das „Volk“ tabuisieren oder sprachlich wegretuschieren, die Bedrohung von Völkern bleibt – oder verschärft sich. Tibet, Tschetschenien, Indianervölker, das Volk von Darfur. Das Wort „Volk“ ist sowohl auf der Seite derer, die im Namen des eigenen Volkes andere Menschen abwerten, als auch auf der Seite der Solidarität, der Gesellschaft für bedrohte Völker, Society for Threatened Peoples, Association pour les peuples menaces, Associazione per i popoli minacciati, Lia por i popui manaces, Iwerlewen fir bedreete Volleker…

Zur Soziologie des Volkes – Vielfalt, Widerspruch, Konflikt
Das Volk ist zivilgesellschaftlich, d.h. ein Drittes neben Staat und Markt. Es gehört zu einer Welt von Selbstorganisation und Freiwilligkeit. Aus der Zivilgesellschaft ergibt sich eine Soziologie des Volkes.
Das Volk ist nicht von einer wie auch immer zu definierenden Substanz her zu denken, sondern vom Widerspruch. Das Volksleben besteht aus Vielfalt und Konflikten. Im Kern des Volkes findet man nicht „die Gemeinschaft“, sondern Gemeinschaften.
Der Volksbegriff bezeichnet zwei Formen politischer Spannungsverhältnisse. Einerseits steht das Volk gegenüber den Herren: wir hier unten – die da oben. Und andererseits steht „mein“ Volk gegenüber den anderen: wir hier drinnen – die da draußen. Diese politischen Positionierungen sind oft auf linke oder rechte Weise vereinseitigt worden, sie sind jedoch nicht deskriptiv erschöpfend: Volk ist nicht zuletzt auch, wo man lacht.
Volk und Völker sind nicht zu trennen. Die Geschichte des Volkes besteht aus Sonderwegen. Jedes Volk bringt seine eigenen Probleme und Widersprüche hervor.

Bison-Tanz der Mandan (Zeichnung von Karl Bodmer, um 1832-1834),
ein klassischer Tanz von Prärieindianern für eine gute Jagd
Die Nation ist das Volk der Moderne in Bewußtsein und Aktion – wo es sich als Staat organisiert oder organisieren will. Die Nation bildete sich seit dem 18. Jahrhundert im Wechselspiel zwischen Revolution, Demokratie und Staatsbildung heraus – zwischen „täglichem Plebiszit“ und Klassenkampf.
Das moderne „Volk“ ist durch einen Widerspruch im Verhältnis zum Staat charakterisiert. Das Volk der Moderne will seinen eigenen Staat – erst dadurch erscheint das Volk als politisches Subjekt. Aber zugleich kolonisiert der Staat das zivilgesellschaftliche Volk. Gegenüber dem exklusiven Nationalstaat ebenso wie gegenüber dem multinationalen Staat entwickelt das Volk anarchistische Qualitäten.
Wo das Volk der Nation gar zu schnell als Einheit gesehen wird, da stößt man indessen auf die innere Vielfalt der Zivilgesellschaft – auf Milieus, Klassen und Lebensformen, auf Lebensstile, Szenen und Öffentlichkeiten, darin eingeschlossen Lebensstilenklaven, Nischen, Subkulturen… Auch diese sozialen Zusammenhänge kann man wie „das Volk“ reifizieren, verdinglichen und als Quasi-Substanzen hantieren, aber das entstellt ihre Dynamik. Tatsächlich öffnen sie den Blick auf das Volk als ein Feld von inneren Widersprüchen.
Zur Psychologie des Volkes – Identität, Feind, Neurose
Volk hat mit der Identität der konkreten Menschen zu tun, mit ihrer Personalität und Vergesellschaftung. Daraus ergibt sich eine Psychologie des Volkes, genauer: Psychologien des Volkes. Sie eröffnen den Blick auf eine Psychoanalyse der Demokratie.
Die Frage nach der Identität richtet sich nicht primär auf ein einzelnes Ich – Selbst, Ego, Ipse, Persönlichkeit, Individualität. Sondern es geht um Nostrifikation, um ein Du-Wir-Verhältnis: Wer sind wir eigentlich, daß wir „du“ zueinander sagen können. Und wer bin also ich?
Die Psychologie des Volkes führt auf Historisch-Gesellschaftliches, auf das Spannungsverhältnis von Identität und Entfremdung hin. Als die Moderne vom „Volk“ zu sprechen begann – in der Zeit von Rousseau, Herder, Grundvig und Marx – kam zum Ausdruck, daß die Menschen sich als „fremd“ in der Welt erlebten.
Identität bezeichnet keine Idylle. Wer von (nationaler) Identität spricht, muß auch bereit sein, von (nationalen) Neurosen zu sprechen. Und von der Angst.
Wo das „gute“ Volk nicht gedacht werden darf, zeigt das Volk sich von der häßlichen Seite. Wo die Liebe nicht sein darf, da erscheint der Feind. Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Angst und der Konstruktion des Anderen als des Feindes. Und zwischen dieser Ausschlußlogik und der Reifizierung „der anderen“.
„Das Volk“ bewegt sich nicht in einem geschlechtspsychologisch neutralen Raum. Wenn wir von Vaterland und Patriotismus einerseits, von Mutterland und Muttersprache andererseits sprechen, so bezeichnen wir damit Unterschiedliches.
Das Vaterland hat eine Affinität zu Staat und Führer, zu Hauptstadt und Zentralität, zu Grenzen und deren Sicherung durch Militär und Polizei, zu Administration und Planung, zu ökonomischen Ressourcen und Produktivität, zu Einheit und Fortschritt. Das Mutterland hingegen lebt im unübersichtlichen Volk und seiner Muttersprache, es hat mit Rhythmus und Sprachkörperlichkeit zu tun. Die Muttersprache ist nicht einheitlich, sondern vielfaltig geschichtet in Dialekten und Soziolekten. Sie macht an vaterländischen Grenzen nicht halt und wandert mit dem Vertriebenen mit ins Exil. Sie kennt keine Hauptstadt und macht sogar die Metropole zur Provinz, wo man berlinert oder Amager mål spricht. Zwei- und Mehrsprachigkeit stehen nicht im Widerspruch zur Muttersprache, und dennoch ist sie unverwechselbar sie selbst. Aber vielleicht gibt es noch ein Drittes.
Das Volk stehe, sozialpsychologisch gesehen, dem einzelnen nicht gegenüber. Die Gegenüberstellung – gar als Widerspruch – ist eher eine Konstruktion, die vom identitären Inhalt des Volksbegriffs absieht. Die duale Konstruktion hat ihre ideologischen Wurzeln im Liberalismus einerseits und im Faschismus und ähnlichen Formen totalitären Denkens andererseits.
Zur Praxeologie des Volkes – Fest, Krieg, Revolution
Das Volk ist nicht nur ein Überbau von Ideen, Meinungen und Ideologien, sondern hat seine Basis in gesellschaftlicher, körperlicher Praxis. Daraus ergibt sich eine Praxeologie des Volkes. Die körperliche Praxis ist die Grundlage für einen materialistischen Volksbegriff.
Volk kann nicht nur als Struktur oder Prozeß, sondern muß auch vom Situativen her verstanden werden, vom uniken Hier-und-Jetzt des Ereignisses. Situativ sind das Fest und die Katastrophe. Wird Fest verstanden als eine Hoch-Zeit des Selbst-Tuns, so kommt der Sport ins Bild. Der Sport ist ein praktisches Ritual der Nostrifikation: ,,Das hier ist unser Fest.“
Ein Ereignis katastrophaler Art ist der Krieg. Die national-demokratische Moderne hat den Krieg als „Volkskrieg“ neu erfunden und festlich aufgeladen. Aber seine Traumata werden von Generation zu Generation weitergereicht.
Die politische (Selbst-)Erfahrung des Volkes leitet sich in hohem Maße von der Revolution her. Revolution ist ein Ereignis zwischen Fest und Katastrophe. Die revolutionäre als eine praktisch-festliche Erfahrung besagt: „Wir können selbst“ – „Wir sind das Volk.“

„Kampf zwischen Bürger u. Soldaten in der Straße Frankfurter Linden in Berlin, am 18ten und 19ten März 1848“
„Volk“ im Kontext der Revolution war damit ein Kampfbegriff. Es ist wohl der Widerspruchsbegriff par excellence der modernen Demokratie.
Und „Volk“ ist ein Bewegungsbegriff. Das demokratische „Wir sind das Volk“ markiert primär weder eine Substanz: „Wir sind das Blut“, „Wir sind die Bevölkerung“ … Noch meint es eine Konstruktion: „Wir sind eine Idee“, „Wir stellen uns uns vor“… Sondern es bezeichnet eine Bewegung: „Wir, das Volk, sind in Bewegung“.
Die Demokratie der Moderne begann damit, daß das Volk die Revolution machte. Aber auch umgekehrt: Die Revolution schuf das Volk. (Da die erste erfolgreiche Revolution in Deutschland erst 1989 und nur in Teilen des Landes stattfand, eröffnet das unbequeme Aussichten auf das Verhältnis zwischen dem mitteldeutschen und dem westdeutschen Volk und damit auf die Deutschländer der Zukunft.)
Es ist allerdings fraglich, ob der Zusammenhang zwischen Demokratie und revolutionärer Explosion, der die klassische Moderne und ihren Volksbegriff einst prägte, auch weiterhin gültig ist. Der Revolutionsgestus des Aufruhrs von 1968 – Barrikaden, Massenaufmärschen und selbsternannte ,,Avantgarden“ – wirkte eher wie eine Karikatur, die Erwartung einer Explosion wurde enttäuscht und statt einer Umwälzung trug der Aufruhr auf unerwartete Weise zur Erhöhung der Effizienz von Staatsmacht und Markt bei. Als die Revolution als Basisveränderung dann wirklich eintrat – 1989/91 in Osteuropa – geschah sie in neuen Praxisformen. Die Staatsmacht trat, wenngleich unwillig, beiseite und kollabierte. Vielleicht ist die revolutionäre Explosion der Moderne also durch die Implosion ersetzt worden, gefolgt von den Implosionen des südafrikanischen Apartheidstaates, den Implosionen mächtiger transnationaler Konzerne etc. Es ist offen, welche Folgen die Ablösung der Ex- durch die Implosion für Volk und Demokratie haben mag.

Aufbahrung der Märzgefallenen
Adolph Menzel, 1848
Dazwischen – und ein paar aktuelle Probleme
Ethnos und Demos befinden sich nicht nur im Widerspruch zueinander, sondern bilden den Zusammenhang der modernen Demokratie. Das Volk der Demokratie sind die, die miteinander sprechen können. Obwohl damit auch die Bedeutung der gesprochenen Sprache hervortritt, geht es primär nicht um eine Linguistik der Demokratie, sondern um die Kultur der Demokratie. Kultur der Demokratie heißt: miteinander sprechen wollen.
Die Globalisierung ist ein Vorstoß der Marktlogik gegen die Völker. In ihr verlängert sich, wenngleich diskontinuierlich, die westliche Kolonialisierung, die aus einer Allianz von Markt- und Staatslogik entsprang. Aber an der Rückseite der Globalisierung erscheinen neue Tribalisierungen.
Die Europäische Union – als Markt, Großmacht, Festung, Reich oder Nation Europa – ist in ihrem Ausgangspunkt ein Elitenprojekt ohne oder gegen die Völker. Sie stellt ihre Anhänger vor die Wahl, die Existenz der Völker explizit in Abrede zu stellen oder sich ein eigenes Volk zu konstruieren. In der Zukunft wird man die sonderbarsten Annahmen über „das europäische Volk“ hören müssen. Die häßlichsten dieser Diskurse werden rassistisch sein.

Ein anderer Weg der Macht zur Aufhebung der modernen Demokratie führt über die Konstruktion des einzelnen als „Bürgers“. Der Weg der Neudefinitionen führt über den „Marktbürger“ (wie er durch den Gemeinsamen Markt und die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl definiert wurde) und den „EG-Bürger“ (definiert durch die Europäische Gemeinschaft) zum „Europabürger“ und „Weltbürger“. Solche Individualisierung des politischen Subjekts überspringt im Interesse der Macht die Gesellschaftlichkeit des Menschen – den zivilgesellschaftlichen Ausgangspunkt der Demokratie, die sozial-psychische Identitätsbildung und die Praxeologie der Selbstbestimmung.
Die Menschenrechte enthalten nicht nur individuelle Rechte, sondern auch grundlegende Gruppen-, Volks- und Völkerrechte. „Der Wille des Volkes bildet die Grundlage für die Autorität der öffentlichen Gewalt“ (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 1948, Art . 21:2). Gemeinsam ist den Menschenrechten die Anerkennung des anderen und das Recht auf Unterschied. Und auch die individuellen Rechte lassen sich nur gesellschaftlich verwirklichen.
Das Volkliche und das Zwischenvolkliche verweisen aufeinander. Das Verhältnis zwischen den Völkern – die Anerkennung von Minderheiten, die Solidarität mit bedrohten Völkern – ist ein Prüfstein dafür, wie man es mit dem eigenen Volk hält. Das Zwischenvolkliche steht in einem Spannungsverhältnis zum Internationalen, das sich auf Staaten bezieht. Und es steht alternativ zur Globalisierung als der marktlogischen Entnationalisierung der Menschen und der Umkonstruktion von Menschen zu „Individuen“.
Anders denken
Vom Widerspruch, vom Spannungsverhältnis und vom Situativen her zu denken bedeutet: Volkstheorie hat Abstand zu halten zur Reifizierung des Gesellschaftlichen. Die Verdinglichung hat das „biologische“ Volk hervorgebracht und die Vermessung von „Rassenmerkmalen“, den Funktionalismus der Bevölkerungslehre und den Institutionalismus der herrschenden Staatstheorie. Solche Sackgassen sind zu vermeiden.
„Volk“ ist – wie die Identität – eher ein Frage- als ein Antwortbegriff. Wenn wir über das Volk reden wie über eine Sache, maßen wir uns Macht an. Wenn wir auf das Volk hin fragen, sind nicht wir es, die besserwissen.
Kern der Volkstheorie ist, daß der Mensch nicht allein auf der Welt ist. Mitmenschlichkeit und Tod bezeichnen die Endlichkeit des Menschen. Jenseits des Humanismus ersten Grades, der auf dem Konstrukt „des Menschen“ aufbaut – ein Singular mit megalomanen Konsequenzen – zeichnet sich ein Humanismus zweiten Grades ab. Das Menschliche liegt zwischen den Menschen im Plural. Humanismus ist als Zwischenhumanismus zu denken.
Die Theorie des Volkes ist Teil einer Philosophie des Unterschieds. Volk bezeichnet das Unübersetzbare zwischen den Sprachen, zwischen den Menschen.
Wer von den Völkern nicht reden will, sollte von „dem Menschen“ schweigen.

Henning Eichberg
Henning Eichberg (1942 – 2017), Kultursoziologe und Historiker, der seit 1982 in Dänemark lehrte, war bereits seit den ersten Ausgaben der Zeitschrift wir selbst (Gründung im Jahre 1979) der inspirierende Kopf. Sein intellektuelles Fluktuieren zwischen rechten und linken Denkströmungen, seine linksnationale, ethnoplurale Kritik am rechten Etatismus und seine radikale ökologische Orientierung wurden für uns programmatisch wegweisend, jedoch nie zu Dogmen.
Hat dies auf Levolds lustige Lebensweisheiten und anderer Blödsinn rebloggt und kommentierte:
Ich dokumentiere hiermit einen interessanten Text von Henning Eichberg, der sich mit dem Begriff des „Volks“ beschäftigt, und ihn dabei von rassistischen/ chauvinistischen Ressentiments abgrenzt und trotzdem das „völkische“ als Identifikationsmöglichkeit zulässt.
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