Spielplanänderung im Theater des Westens?

von Rocco Burggraf

Spielplanänderung im Theater des Westens?

Die Inszenierung „Great Reset“ hatte ja einiges zu bieten. Die Umgestaltung der Wissenschaft in einen politischen Klangkörper. Die Wandlung biologischer Geschlechter in soziale Konstrukte. Die vorzugsweise in sonnenbeschienenen Betonwüsten nachgewiesene Erderwärmung. Die geniale Umwidmung der Atemluft in ein gebührenpflichtiges Klimagas. Der Ersatz moderner flächensparender Kraftwerke durch flächendeckend kulturlandschaftsverschandelnde Ventilatoren in Weiß, und kaum minder flächendeckend kulturlandschaftsverschandelnde Plastikfelder in Schwarz. Die Umwandlung des deutschen Territoriums in ein experimentelles Siedlungsgebiet. Der folgende, vorzugsweise durch Feministinnen und Homosexuelle gefeierten, millionenfache Import erzkonservativer Patriarchen. Die im Zuge dessen vollzogene Metamorphose der Kirche zur SPD-nahen Seenotrettungsgesellschaft. Den Ersatz der Rechtschreibung durch die freie Zeichensetzung. Die ethische Säuberung von Büchern, Bildern, Filmen, Liedtexten und ganzen Museen. Das Einsperren und milliardenschwere Turboimpfen der halben Menschheit, nachdem sich ein Virus auf dem Globus verbreitet hatte, der aus dem Darm einer als Suppeneinlage verkauften Wochenmarktfledermaus stammte, die ihrerseits mit der eng verwandten, zielgerichtet kontaminierten Versuchsfledermaus aus dem benachbarten Biowaffenlabor keinesfalls zu verwechseln war. Und schließlich noch den größten Wirtschaftsterrorakt der Menschheitsgeschichte, der vom Kombüsentisch eines Segelbootes aus am 80m tiefen Meeresgrund stattfand.

Ich kann sagen, ich war dabei. Von Anfang an. Als Rezensent im ersten Rang. Die geschätzten Leser äußerten zuletzt allerdings ihr Unverständnis, dass ich immer nur lange, mal mehr mal weniger lustige Texte fabriziere, statt endlich mit dem Werkzeug meiner Wahl auf die Bühne zu springen, um dem Schauerstück mit sämtlichen Beteiligten ein Ende zu bereiten. Dafür möchte ich mich ausdrücklich entschuldigen. Nach der latent sadistischen Dauerbeschreibung des Untergangs – spirituell Vorgebildete sehen satanisches Wirken, mehr parteipolitisch Argumentierende nennen es in der Regel einfach linke Hybris – möchte ich Buße tun und mich heute den Lichtern im Theatertunnel zuwenden. Ausnahmsweise.

Wie Klonovsky und überhaupt die meisten Ossis kenne ich das laufende Stück ja schon. Die nicht zur Gänze vergleichbare, aber doch verblüffend ähnliche Erstaufführung endete bekanntlich 1989. Nach vierzig Jahren Spielzeit. Das Heldenepos einer wissenschaftlich fundierten, stolzen, unabänderlichen weil systemisch überlegenen Gesellschaftsformation, die Diktatur einer selbstreferentiellen und zum Sieger der Geschichte verdammten Spezies war dort quasi über Nacht implodiert. Fast alle beteiligten Schausteller waren plötzlich von der Bühne verschwunden. Übrig blieb dort ein Häufchen vertrottelt stammelnder Darsteller, denen die Dramaturgen, Beleuchter und Souffleure davongelaufen waren. Die Zuschauer saßen noch da. Ein letztes wirres „Ich liebe Euch doch alle!“ tönte herab und das war‘s dann. Allgemeine Fassungslosigkeit war zu spüren. Die meisten konnten es einfach nicht glauben, als sich die Ausgänge öffneten.

Was ich damit sagen will? Es ist bei allen Unterschieden der damaligen und der heutigen deutschen Realität nicht ausgeschlossen, dass sich Ähnliches wiederholt und sich die verrammelten Ausgänge für den freien Geist, die Rationalität und die Demut wieder öffnen. Denn auch der im deutschen Wohlstandswesten nun nachgeholte, linke Weltverbesserungsversuch fährt aktuell gegen die Wand. Wieder sind fast vierzig Jahre vorbei, wieder sieht man absurde Protagonisten hölzerne Phrasen dreschen und wieder gerät das gemeinte Lehrstück zur Groteske. Allerdings – die Erfahrung eines völlig verkrusteten und dann spektakulär scheiternden Staates gilt dem gemeinen Westdeutschen als etwas, das zwar jederzeit und überall in der Hemisphäre stattfinden, niemals aber sie selbst betreffen könnte. Das bleibt so sicher wie die Blümsche Rente. Maximal könnten Prinz Reuss, Tino Chrupalla, Donald Trump oder Wladimir Putin mit ihren begrenzten Mitteln versuchen, die häre deutsche Demokratie als legitimen Endzustand der Geschichte zu beseitigen. Aber das ganze Staatstheater mit Intendant, Regisseur und dem hoch dekorierten Ensemble höchst selbst als totalitäre Gefahr? Nein! Undenkbar. Undenkbar, wenngleich doch messbar. Unzählige Rankings, Statistiken, Daten, Kritiken lassen kaum noch Zweifel zu. Die Wiederaufführung des zentralistisch gelenkten Supersozialismus durch Parteisoldaten gelingt auch diesmal nicht.

Auch der Versuch linksliberaler Vordenker, mit dem Import von Millionen, dauerhaft auf sozialstaatliche Alimente angewiesenen Neubürgern wenigstens ihre verschwundene Anhängerschaft zu ersetzen, ist inzwischen völlig aus dem Ruder gelaufen. In gewohnter Realitätsferne entging dem politmedialen Kartell nicht nur die logistische Überforderung des Landes, sondern auch die Tatsache, dass ihre auserkorenen Follower nahezu vollständig aus erzkonservativen, religiös geprägten Sozialisationen stammen. Man kann nicht Millionen Ankömmlinge desinfizieren, an den Ohren durchs Integrationsbad schwenken, schließlich noch die Aufklärung überhelfen und im Gegenzug dann noch das Kreuz an der richtigen Stelle als Dankeschön erwarten. Jedenfalls nicht wenn man noch bei Verstand ist. Es handelt sich zu großen Teilen um Menschen, denen der abgrundtiefe Hass auf grellbunt urbanes, hedonistisches Dauertheater in Fleisch und Blut übergegangen ist. Sie sind zwar gekommen um zu bleiben, nicht aber um sich unter die zügellose ungläubige Konsumgesellschaft zu mischen sondern um die eigenen, dezidiert antiwestlichen Rituale zu leben. Gottesbefehl und Mission. Nun meldet das hiesige Parteiensystem eben immer öfter Trojaner. Es könnte zu einem Absturz kommen, der nicht einfach per Resettaste zu beheben ist.

Auch die Sache mit der zweiten angepeilten Zielgruppe, den politischen Greenhörnern im Teenageralter nämlich, deretwegen Grüne und Sozialdemokraten bestrebt waren, das Wahlalter im Parteienzirkus auf 16 oder gar zarte 14 zu drücken, erweist sich als kapitales Eigentor. Unter Jugendlichen gilt es zum Entsetzen der selbsternannten Erziehungsberechtigten inzwischen als cool, sich von den unablässigen woken Zeichensetzungen durch dezidiert rechtskonservative Statements abzugrenzen. Teenager sympathisieren Umfrage zufolge keineswegs, wie man bis eben noch hätte vermuten können, mit den ihnen vorgesetzten Jungfrauen Greta, Ricarda und Emilia sondern sie scheinen reihenweise vom Glauben an die neue Sozialistische Internationale abzufallen. Nicht der vom Fernsehgartensender gepamperte Staatsvorkämpfer Böhmermann setzt jetzt die Trends sondern als rebellisch gilt es plötzlich, sich Hoss&Hopf reinzuziehen, Videos von den Aktionen der Identitären auf Whatsapp oder AfD-Reels auf TikTok zu teilen. Redakteurinnen der Qualitätsmedien zeigen sich feuilletonistisch entsetzt, was die Sprößlinge zu Hause inzwischen so alles zu sagen wagen.

Bei näherem Hinsehen nicht weiter verwunderlich – das öffentlich finanzierte „Wir sind mehr“ kann natürlich nicht gleichzeitig in Anspruch nehmen, das Subversive, Mutige und Nonkonformistische zu verkörpern. Hier irren also der als gesichert weltfremd eingetragene Politikwissenschaftler mit Parteikarriere und der geschulte Haltungsjournalist gleichermaßen. Sozusagen systemisch. Zwar wurde 30 Jahre lang brav in Talkshows über das Neuland von Digitalisierung und Socialmedia geschwafelt. Dort tätig geworden ist aber dann die Partei, die sich Dank biografischer Alleinstellungsmerkmale mit praktischen Tätigkeiten einfach besser auskennt.

Die benachbarte Wählergruppe, die der Zwanzig bis Vierzigjährigen, würde neuesten Umfragen zufolge auch keine Fortsetzung linksgrünroter Politik präferieren. Hier wählt man verstärkt FDP oder das migrationskritische Sonderwesen BSW. Auch das, vom Staatssender DLF kürzlich als „sportlich dynamische Jungs mit Basecaps“ bezeichnete militante Netzwerk aus Antifaschisten und Ökoterroristen kann über diesen Fakt nicht hinwegtäuschen. Die von den geistesverwandten Redakteuren mit medialer Milde begleiteten Anschläge auf Wirtschaftsunternehmen, Infrastruktur und unliebsame politische Bewegungen werden von der breiten Gesellschaft ebenso abgelehnt wie die Nötigung der Zivilgesellschaft durch Umweltaktivisten. Die Daten der Meinungsforscher sind eindeutig. Blinde Gewalt zeigt die alten, nach wie vor totalitären Utopien auch in der xten historischen Auflage als das, was sie ihrer Natur nach sind. Politisch irrelevante organisierte Kriminalität.

Ein weiterer Rettungsversuch der Kulturrevolutionäre, nämlich mittels zu erlangender „Lufthoheit über die Kinderbetten“ und dem „Ausbau der verstärkten politischen Erziehung in Schulen und Kitas“ wenigstens die Wähler von übermorgen zu mobilisieren, wird misslingen. Wer in seiner grenzenlosen Selbstgerechtigkeit davon überzeugt war, es werde schon genügen, wenn auch im fünfhundertsten ‚Tatort‘ wieder Rechte einen hilflosen minderjährigen Araber zusammenschlagen, oder in Berliner Problemschwimmbädern von linken Werbeagenturen entworfene Mahnplakate aufhängen lässt, auf denen mutmaßlich blonde Neonazis dunkelhäutige Mädchen ins Becken schubsen, steckt ohnehin soweit im Ideologiesumpf, dass da nichts mehr zu machen sein wird.

Dem volkspädagogischen Nachhilfeunterricht glauben die Digital Natives nicht mehr. Lediglich die alten, mittelalten und weiblich zu lesenden Boomer, Beamten und mittelbar Bundesbediensteten sehen ihre politische Heimat noch mehrheitlich auf Seiten der Grünmaoisten oder der Partei, in der Olaf Scholz, Saskia Esken und ein Helge Lindh zu Frontfiguren werden konnten. Die Zeit läuft gegen sie. Das Framing läuft zwar noch. 24h am Tag. Aber es läuft sich tot. So wie eine schnarrende Werbefilmschleife auf dem Monitor in der OBI-Badabteilung. Das Produkt ist schon lang nicht mehr im Sortiment.

Die Ablehnung der linken Weltumbauhybris hat sich überall in Europa längst in einer Vielzahl konservativer und migrationskritischer Regierungen niedergeschlagen. In den USA wird sich die Waage aller Wahrscheinlichkeit nach auch gegen die universitären Arroganzcluster wenden. Natürlich vollzieht sich eine solche politische Kurskorrektur – auch das wieder eine Parallele zu `89 – im preussisch-staatshörigen Deutschland immer zuallerletzt. Der baldige Schlussakt lässt sich dennoch inzwischen vorausahnen. Der Leidensdruck, die Unzufriedenheit steigen mit jedem Tag. Niemandem kann man noch erzählen, dass dafür Putin, Trump, die Chinesen oder die Rechten verantwortlich wären. Junge Menschen, integrierte Einwanderer, Leistungsträger, Kreative, Investoren registrieren, dass sich ihre Perspektiven hier deutlich schneller verdüstern als anderswo in der Welt. Sie werden dem laufenden Feldversuch die weitere Unterstützung verweigern. Einfach weil er ihnen spürbar schadet.

Die Ampel wird schon jetzt selbst im Mainstream als die unzweifelhaft schlechteste deutsche Regierung der Nachkriegszeit bezeichnet. Ihre Umfragewerte sind katastrophal, auch wenn es immer mal wieder mit Schauergeschichten über Regierungskritiker gelingt, auf den Straßen die eigene totalitäre Geisterfahrt mit orthographisch bedenklichen Pappschildchen als demokratisch und alternativlos darstellen zu lassen. Die Fahnenapelle die jetzt noch gelingen, sind morgen ein Auslaufmodell. Der politische Kipppunkt könnte also in Reichweite liegen. Möglicherweise schon, wenn im Gezerre über den nächsten Haushalt das reale Wirtschaftseinkommen und die geltende Schuldenbremse mit dem gigantischen Investitionsstau, den Sondervermögen, dem neuen Kanzleramtsschloss, den in aller Welt verteilten und unentwegt nach Kohle schreienden NGO’s und dem spätrömischen Gebaren einer Frau Baerbock mit ihren Zigtausendeurofrisuren rein mathematisch kollidiert. Die FDP grübelt angesichts ihres Absturzes bereits seit Monaten über den Absprung. Möglicherweise der Flügelschag des Schmetterlings, der das Kartenhaus zum Einsturz bringt.

Ein etwas anders gelagertes Szenario erwächst aus den Meldungen, die nahelegen, dass jetzt sehr konkret über den Einmarsch von Nato-Truppen in die Ukraine nachgedacht wird. Die diskutierte Kriegstüchtigkeit, der Aufbau eines Zivilschutzes, das trainierte logistische Unterstützen von Truppenbewegungen, die Wiedereinführung der Wehrpflicht, vor allem aber die Signale aus Washington, dass eine direkte militärische Intervention nicht ausgeschlossen wird, verdichten sich zu einem Bild, dass die politischen Kräfteverhältnisse in Deutschland von heute auf morgen umstoßen könnte. Kaum eine Bevölkerung auf dem Planeten ist weniger bereit, sich in einen Krieg verwickeln zu lassen als die deutsche. Schon die Waffenlieferungen sind ein Balanceakt, der die Gesellschaft in der Mitte spaltet. Ob eine, in die bundesdeutsche Realität einschwappende Realität, mit täglichen Truppentransporten und Nachschubverbänden nun einen optimistischen Ausblick über Bande darstellt oder doch nur reine Schreckensvision bleibt, ist Stand jetzt schwer zu sagen. Auch das hat der autochthone Ostdeutsche gelernt – ohne externe Faktoren wird sich der gordische Knoten nicht lösen und auch kein gesellschaftlicher Umbruch stattfinden. Auf das Schlussbild darf man auch diesmal gespannt sein. Aus mir wird sicher kein Berufsoptimist mehr, aber ich würde nicht ganz auszuschließen, dass der nächste Kanzler als Friedrich Merz zum Sprung ansetzt und als Egon Krenz landet.

Rocco Burggraf

Ich wohne in Dresden, bin parteilos, Familienvater, hauptberuflich freier Architekt und nebenberuflich inzwischen auch kritischer Publizist in sozialen Netzwerken. Meine politische Orientierung würde ich in erster Linie als freiheitlich bezeichnen. Kontaminierte Einordnungen nach links oder rechts, sozial oder wertkonservativ sind für mich uninteressant, weil von Fall zu Fall verschieden.

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