Die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV)

von Andreas Schnebel

Die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV)

Die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) wirft aus rechtsstaatlicher Perspektive erhebliche verfassungs- und demokratietheoretische Bedenken auf. Kurz überlegt lassen sich folgende fünf zentrale Kritikpunkte formulieren:

1. Weisungsgebundenheit untergräbt Unabhängigkeit

Das BfV ist eine dem Innenministerium unterstellte, weisungsgebundene Exekutivbehörde – keine unabhängige Institution. Damit steht es in unmittelbarer Nähe zur herrschenden Regierung, deren politische Gegner es überwachen und diskreditieren darf.

Das widerspricht dem Prinzip der Gewaltenteilung.

Ein solcher Apparat kann missbraucht werden, um politische Konkurrenz mit dem Anschein der Neutralität zu delegitimieren – ein Vorgehen, das autokratische Systeme von Demokratien zu unterscheiden hilft. In keiner anderen westlichen Demokratie existiert ein solcher Gehemindienst, mit dem eine Regierung die Opposition und unliebsame Bürger überwachen und verfolgen kann.

2. Intransparenz und fehlende Rechenschaftspflicht

Die Behörde beruft sich auf ein nicht veröffentlichtes Gutachten, verweigert aber jegliche Offenlegung der Belege, die zur Extremismuseinstufung führten.

Ohne öffentliche Debatte und gerichtliche Überprüfbarkeit wird demokratische Kontrolle ausgeschaltet.

In einem liberalen Rechtsstaat müssen schwerwiegende Vorwürfe wie „gesichert extremistisch“ begründet, belegt und überprüfbar sein – nicht hinter verschlossenen Türen getroffen werden.

3. Instrumentalisierung des Begriffs der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“

Die sogenannte FDGO ist nicht klar rechtlich definiert, sondern ein politisch aufgeladener Begriff, der mittlerweile ideologisch verwendet wird. Wenn Kritik an Migrationspolitik oder ein konservatives Volksverständnis per se als „Verstoß gegen Menschenwürde“ gewertet wird, dann wird die FDGO zum Gesinnungskriterium und nicht zur objektiven Norm.

Die Gleichsetzung von unliebsamer Meinung mit Verfassungsfeindlichkeit ist selbst verfassungsfeindlich.

4. Verfassungsschutz als politischer Akteur

Das BfV agiert nicht nur beobachtend, sondern intervenierend – durch gezielte Einstufungen, Medienkampagnen und rechtspolitische Wirkungen (z. B. Vorbereitung auf Parteiverbot, Schwächung durch V-Leute, politische Stigmatisierung).

Damit wird der Verfassungsschutz selbst zum politischen Player, der in den demokratischen Willensbildungsprozess eingreift – ein klarer Verstoß gegen das Neutralitätsgebot einer Verwaltung.

5. Gefahr für politische Pluralität und Opposition

Die Konsequenz dieser Einstufung ist nicht Schutz der Demokratie, sondern eine Aushöhlung der pluralistischen Ordnung. Die politische Opposition wird mit dem Etikett „gesichert rechtsextremistisch“ mundtot gemacht, während reale verfassungswidrige Tendenzen etwa bei staatlichen Übergriffen, Grundrechtseinschränkungen und ideologischer Meinungslenkung nicht beobachtet, sondern teils sogar gedeckt werden.

Die Demokratie stirbt nicht durch Parolen, sondern durch deren selbsternannte Wächter.

Fazit:

Die Entscheidung des BfV stellt weniger eine objektive Sicherheitsmaßnahme als vielmehr einen politischen Akt mit gravierenden verfassungsrechtlichen Implikationen dar. In einem freiheitlichen Gemeinwesen darf die Beurteilung politischer Positionen nicht von einem regierungsnahen Geheimdienst vorgenommen werden, sondern muss in Öffentlichkeit, Parlament und Gericht verhandelt werden.

Die Rolle des Verfassungsschutzes in diesem Fall erscheint daher nicht als Schutzinstrument, sondern als Herrschaftsinstrument gegen die Opposition – und ist damit selbst verfassungsgefährdend.

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