Parteienstaat und Kettensäge

von Rocco Burggraf

Parteienstaat und Kettensäge

Man darf es wiederholen – der Zustand der EU und ihrer wichtigsten Nettozahler ist nur noch als dysfunktional zu bezeichnen. Die nun von Frau von der Leyen auf dem Golfplatz unterzeichnete Kapitulationserklärung bildet nur den letzten aus einer unendlichen Kette von Offenbarungseiden. Ein Deal, bei dem Europa um Hafterleichterung und Strafnachlässe bettelt, Billionen über den Atlantik schaufelt, die europäische Industrie und den Mittelstand in Zwangsarbeitslager verwandelt und sich hernach noch artig für die gezeigte Milde bedankt, hat die „Führungsqualität“ Brüssels nochmals eindrücklich verdeutlicht. Der drittklassige Apparat entzieht der Wirtschaft immer mehr physische und psychische Ressourcen, unterhält einen riesigen, verdeckt finanzierten Hofstaat und errichtet dazu informelle potemkinsche Dörfer inmitten einer chaotischen Realität. Dieses Europa kann nicht funktionieren.

Die Hoffnung verzweifelnder Wertschöpfender, Bürger, Sesshafter, zunehmend auch Jugendlicher, denen angesichts ihrer Zukunft mulmig wird, richtet sich indes vor allem und noch immer auf Veränderungen in der Parteienlandschaft. Die Kritik an den politischen Führungen des Westens wird breiter, das etablierte Deutungsmonopol klassischer Medien befindet sich auf dem Rückzug. Umfragen suggerieren Veränderungen und der sogenannte „Rechtsruck“ wird im Kulturkampf zu einer Art Entscheidungsschlacht stilisiert, bei dem beide Seiten an den Endsieg zu glauben scheinen. Man darf fragen, ob hier ein Trugschluss vorliegt. Der Machtwechsel von Links nach Rechts ist in nicht wenigen Ländern ja längst vollzogen. Allein – ein nennenswerter Wechsel bei den strukturellen Problemen zeigt sich auch dort nicht. Die Großstädte werden mit Hilfe der organisierten margenträchtigen Kriminalität immer weiter von illegalen Armutsmigranten überrannt. Die Sozialsysteme, der Wohnungsmarkt, das Bildungswesen, die Justiz, der gesamte gesellschaftliche Konsens über das Zusammenleben stehen in weiten Teilen Europas vor dem Zusammenbruch. In Deutschland als dem Motor des Kontinents verlassen Leistungsträger hunderttausendfach resigniert das Land.

Bandenkriege, mit deren Hilfe die urbanen Hoheitsgebiete für Drogen, Migrationsindustrie, Prostitution und Schutzgelderpressung „geordnet“ werden, weiten sich aus. Wie zu erwarten, drängen jetzt radikale Linke und Islamisten überall in die kommunalen politischen Führungszirkel. Ihre Basis wächst zahlenmässig weiter an. Die deutsche Hauptstadt gleicht in weiten Teilen einer Müllkippe. Es ist schwerlich zu übersehen – der von Houellebecq in seinem Buch „Unterwerfung“ exakt vorgezeichnete Weg vollzieht sich jetzt vor aller Augen.

Möglicherweise wird seine Verheißung in ihrer Radikalität irgendwann noch übertroffen. Die Endphasen von ethnisch-religiös dominierten Terrorgesellschaften kann man derzeit in Syrien studieren, wo bisher nebeneinander lebende Christen, Drusen und Alawiten auf Straßen von islamistischen Säuberungskommandos mit Maschinengewehrsalven ausgelöscht, vergewaltigt, zerstückelt oder von Balkonen gestürzt werden. Der von Baerbock noch vor kurzem besuchte und mit üppigen Kreditzusagen ausgestattete IS-Terrorfürst Al-Jolani trägt als Landeschef und Heilsbringer jetzt neben der Verantwortung auch Anzug und geordnete Bartkonturen. Zur Besänftigung der westlichen Führungsetagen und lernresistenten Geheimdienstzirkel scheint dies völlig ausreichend.

Angesichts dieser globalen Entwicklungen scheint inzwischen eine Art Schockzustand bei den autochthonen Europäern eingetreten zu sein. Die Länder der westlichen EU kehren nicht etwa zur Leistungsgesellschaft, zum Schutz ihrer Territorien und der eigenen Reproduktion zurück, sondern delegieren ihre Verantwortung fast vollständig ins nicht legitimierte Technokratenzentrum Brüssel, flüchten sich gemeinsam in Kriegshysterie, Klimapanik und Kinderfeindlichkeit. Man verschließt die Augen. Statistiken werden gefälscht. Die Judenvertreibung nimmt Fahrt auf. Messermetzeleien und Gruppenvergewaltigungen gehören zum Tagesgeschäft. Denunziation, Zensur finden wieder statt. Majestätsbeleidigungen werden unerbittlich bestraft.

Der in Deutschland dagegen formulierte friedliche Widerstand von PEGIDA, Sarrazin, den Identitären, Querdenkern oder der AfD wurde mit breiter gesellschaftlicher Ächtung beantwortet. Das hat gewirkt. Der öffentliche Protest auf den Straßen gegen das Politikversagen findet nicht statt. Dort tanzen andere. Der hedonistische Marsch der 68er in die Institutionen hinein, feiert seinen Pyrrhussieg während dessen in einem fortgesetzten irren Massenzirkus mit Latex, freischwingenden Pimmeln, Windeln und Hundegebell. „Vielfalt“ als Programm vollkommener Verblödung. Gratulation!

Immer wieder steht man selbst fassungslos vor Gesprächspartnern, die von diesem Zusammenbruch Europas nichts zu bemerken scheinen. Allenfalls ist da ein diffuses Gefühl des Unbehagens. Auf die Suche nach den Ursachen machen sich die wenigsten. Auf Nachfrage zeigt sich zumeist Erwartbares – diese Dauerignoranten sind fast ausnahmslos Leistungsbezieher. Immanente Bestandteile des Systems. Sie leben von Staat, Kirche, Kassen, die sie nicht selbst füllen. Als Angestellter im öffentlichen Dienst oder caritativer Organisationen. Als in NGO’s Engagierte, gebührenfinanzierte Journalisten, Staatskünstler, in extrem merkwürdigen Wissenschaftszweigen Tätige oder schlicht Transferleistungsempfänger. Es sind geborene, lebenslang verlässliche Rädchen im Getriebe, die naturgemäß ihren Gönner niemals in die Nähe eines parasitären Organismus rücken würden. Sie haben einen entgleisten Staat nie erlebt und bilden in ihrer Naivität inzwischen die klare Mehrheit in der Gesellschaft. Genau das war auch das stringent verfolgte Ziel des Apparats. Der öffentliche Sektor ist der einzig noch wachsende. Wenn investiert wird, dann genau hier. Den dort Beschäftigten, darunter überaus freundlich dreinblickende Zweibeiner, den Begriff Wertschöpfung und ihre eigene, inzwischen verhängnisvolle Rolle in der neu entstandenen Staatswirtschaft zu erklären, ist völlig aussichtslos.

Es bleibt die eingangs aufgeworfene Frage, ob sich ausgerechnet die Prototypen des Selbstzwecks, die politischen Parteienzirkel nämlich, sich an den eigenen steuerfinanzierten Frisuren aus dem selbstgeschaffenen Sumpf ziehen können. Ich denke, sie können es nicht. Der Parteienstaat ist Ausdruck eines längst von der Demokratie in die Ausbeutung gekippten Systems. Ergebnis eines gesellschaftlichen, ökonomisch und sozial verwahrlosten Zustands. Es sollte deshalb niemanden wundern, wenn ein als konservativer Feuerwehrmann angetretener Friedrich Merz („Links ist vorbei!“) plötzlich sämtliche Wahlversprechen bricht, die opportunistische Totalbeliebigkeit Merkels neu auflegt, die angekündigte Schuldenbremse und das Grenzregime aufgibt und sogar die skandalöse linke NGO-Finanzierung über Nacht von einer erklärten Aufklärungs- zur nationalen Verschlusssache erklären lässt. Selbstverständlich werden auch die absurden unwissenschaftlichen Durchgriffsorgien der Coronazeit erklärtermaßen nicht koordiniert aufgearbeitet, sondern unter den Teppich gekehrt.

Es zeigt sich: Den Mechanismen des Parteienstaates, der systemischen Egozentrik der Macht entgeht niemand. Es steht zu befürchten, dass auch eine AfD als letzter Hoffnungsträger durch das Stahlbad dieser Parteienlogik gegangen sein wird, wenn sie sich eines Tages in Regierungsverantwortung wiederfindet. Was die entfesselte Rachsucht der jahrelang in Opposition gehaltenen Ideologen an Flurschäden im Gemeinwesen anrichtet, konnte man bisher bei sämtlichen Altparteien studieren. Keine Partei erwies sich während der letzten fünfundzwanzig Jahre in Regierungsverantwortung noch als „Diener des Volkes.“ Selbstbereicherung, Verbotsfetischismus, Demokratieab- und Bürokratieausbau waren immer das Ergebnis. Das einzige Instrument, das hier jetzt noch Abhilfe verspricht, ist die direkt vom Volk mandatierte Kettensäge.

Ich wohne in Dresden, bin parteilos, Familienvater, hauptberuflich freier Architekt und nebenberuflich inzwischen auch kritischer Publizist in sozialen Netzwerken. Meine politische Orientierung würde ich in erster Linie als freiheitlich bezeichnen. Kontaminierte Einordnungen nach links oder rechts, sozial oder wertkonservativ sind für mich uninteressant, weil von Fall zu Fall verschieden.

Hier finden Sie die Druckausgaben der Zeitschrift wir selbst, Nr. 55/1-2024 und 54/1-2023:

Die beiden Druckausgaben des Jahres 2022 unserer Zeitschrift sind auch noch erhältlich:

Ein Kommentar zu “Parteienstaat und Kettensäge

  1. Ich bin zum ersten Mal auf dieser Seite und beeindruckt von der Qualität der Texte – wirklich herausragend. Inhaltlich stimme ich voll und ganz zu. Umso bedauerlicher ist es, dass diese Seite im digitalen Internetdickicht kaum sichtbar ist. Und noch schlimmer: Man kann nicht mal eben einem Freund den Link schicken und sagen „Lies das mal!“, ohne sich zu fragen, ob das nach hinten losgeht. So weit sind wir schon gekommen. Ich für mein Teil werde die Argumente mitnehmen und im Gespräch verbreiten, aber mit Vorsicht. Denn wie beispielsweise auf achgut.com so treffend gefragt wird: Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Offenbar, weil eine ehrliche Meinungsäußerung heute schnell persönliche Konsequenzen haben kann. Ein beängstigender Zustand.

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