Einkommensteuer: Wenn der Staat den Leistenden den Krieg erklärt

von Michael Dangel

Einkommensteuer: Wenn der Staat den Leistenden den Krieg erklärt

Einkommensteuer: Der alljährliche Steuerwahnsinn

Alle Jahre wieder ist es soweit: Zur Jahresmitte trudeln dem geplagten Steuerpflichtigen die Erinnerungen zur Abgabe der Steuererklärungen ins Haus – der Einkommensteuererklärungen wohlgemerkt. Wendet sich der Steuergeplagte an einen steuerlichen Berater, so gewinnt er zwar erheblich an Zeit, zur Abgabe der Einkommensteuererklärung bleibt er dennoch verdonnert.

Generell gilt die Einkommensteuer als Königin der direkten Steuern, also der Steuerarten, bei dem der Steuerzahler mit dem Steuerschuldner identisch ist. Die bekannteste indirekte Steuer, die gleichzeitig das höchste Steueraufkommen aufweist, ist die Umsatzsteuer, bei dem im Gegensatz zur Einkommensteuer der Unternehmer, der vom Konsumenten den Kaufpreis vereinnahmt, Steuerschuldner ist, während der Konsument Steuerzahler bleibt und wirtschaftlich mit der Umsatzsteuer belastet wird.

Gleichzeitig gilt der progressive Einkommensteuertarif, also ein ansteigender Steuersatz gekoppelt an die zunehmende Einkommenshöhe als so etwas wie die heilige Kuh der Steuergerechtigkeit. Aber die Zeiten ändern sich, Digitalisierung und gesellschaftlicher Wandel schaffen neue Fakten, was im Folgenden zum Anlass genommen werden soll, die Berechtigung der Einkommensteuer an sich und in Sonderheit des progressiven Steuertarifs kritisch zu hinterfragen.

Zwangsabgaben mit Tradition

Auch diejenigen, die sich nie mit dem Thema Steuern beschäftigen, kennen eine bereits im Alten Testament bekannte Zwangsabgabe: den Zehnt. Im Christentum wurde der Zehnt zunächst als Zwangsabgabe an die jeweiligen Kirchenherren eingeführt, durch das Eigenkirchenwesen verweltlichte sich ab dem 8. Jahrhundert die Abgabepflicht und der Zehnt war an den Grundherren, u.a. Adligen, zu entrichten. Indirekt hat sich der Zehnt, der ursprünglich in Naturalform zu entrichten war, bis in die Neuzeit in Form der Einkommensteuer gehalten und ist nun in Geldform zu erbringen. War der Zehnt ursprünglich auf die Erträge aus Agrarwirtschaft beschränkt, knüpft die heutige, angeblich moderne Einkommensteuer grundsätzlich an alle Einkunftsquellen an, also insbesondere an Einkünften aus Gewerbebetrieb, Lohn und Gehalt als Arbeitnehmer sowie ein Einkünften aus Immobilien und aus Kapital.

Bauern geben einem geistlichen Herren den Zehnt ab

Die Einkommensteuer als Kriegssteuer

Die Einkommensteuer, die an die oben beschriebenen Einkommensquellen anknüpft, gab es zwar bereits in den unterschiedlichen Gebietskörperschaften des Zweiten Deutschen Reiches, allerdings war die Art und Höhe der Besteuerung in den 25 Bundesländern sehr uneinheitlich. Dies sollte sich mit der sogenannten Erzberger’schen Steuerreform 1919/1920 ändern. Interessant in diesem Zusammenhang, dass auch unser Nachbarland Frankreich bis 1914  keine progressive Einkommensteuer kannte und diese erst einführte, um den Krieg gegen das Zweite Deutsche Reich zu führen.

Nicht zuletzt aufgrund der Reparationsforderungen der Alliierten nach dem Versailler Diktatfrieden war die Verlagerung der Steuerhoheit für die aufkommenstärksten Abgaben zwingend beim Reich anzusiedeln. Bis zur Erzberger’schen Steuerreform lag die Ertragshoheit im Wesentlichen bei den Bundesstaaten, sodass fiskalisch betrachtet das angeblich so mächtige Reich eigentlich Kostgänger seiner Bundesländer war.

Mit der Erzberger’schen  Steuerreform wurde zudem zum ersten Mal eine reichseinheitliche Einkommensteuer geschaffen und deren Erhebung durch Schaffung der Reichsfinanzbehörden gewährleistet.

Jan Massys – Beim Steuereintreiber – 1539

Steuertarife im Wandel der Zeit

Was zunächst noch nachvollziehbar und pragmatisch erscheint, wird bei näherer Analyse unerträglich. Mit der Reichseinheitlichkeit der Steuergesetzgebung und Erhebung einher ging die Einführung eines progressiven Einkommensteuertarifs bis zum  Spitzensteuersatz von 60 %. Ähnlich leistungshemmende Besteuerungsätze waren auch bei Gründung der Bundesrepublik Deutschland bis in die achtziger Jahre üblich, aber bei ihrer Einführung 1919/1920 fielen diese Steuersätze völlig aus ihrer Zeit.

So war im fortschrittlichen Preußen zwar auch 1891/1893 im Rahmen der Miquel’schen Steuerreform eine einheitliche Einkommensteuer mit progressiven Steuertarif eingeführt worden, welche die bisherige Einteilung in steuerpflichtige Klassen ablöste. Die Steuertarife betrugen allerdings beispielsweise in Preußen aus heutiger Sicht putzige 0,6 % bis 4 %. Selbst mit der außerordentlichen Kriegsgewinnsteuer des Ersten Weltkrieges, welche eine Verdoppelung der Steuertarife zur Folge hatte, betrug der Spitzensteuersatz in keinem der Bundesländer mehr als 10 %. Aus heutiger Sicht paradiesische Werte.

Marinus van Reymerswaele: Zwei Steuereintreiber, um 1540

Die weltfremde Phrase der Gerechtigkeit

Zu einer ganz ausgeprägten Charaktereigenschaft des deutschen Volkes gehört unzweifelhaft das Streben nach Gerechtigkeit. Kein Wunder also, dass dieses Bedürfnis zusammen mit der Vorliebe für Formalismus ganz besonderen Niederschlag im Steuersystem im Allgemeinen und bei der Einkommensteuer im Besonderen erfahren hat.

Aus Art. 3 GG, also dem Anspruch auf Gleichbehandlung, leitet sich das Prinzip der Steuergerechtigkeit ab und führt insbesondere bei der Einkommensteuer zum Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit.

Was sich in der Theorie sehr befriedigend anhören mag, erweist sich in der Praxis gerade bei der Einkommensteuer als ein nur schwer durchschaubarer Steuerdschungel mit etlichen Schlupflöchern im Inland und zudem der Möglichkeit der internationalen Steuerverlagerung in Niedrigsteuerländer.

Als besonders katastrophal ist nach Auffassung des Verfassers die hohe Belastung des Faktors Arbeit anzusehen, was dazu führt, dass ein Alleinstehender bereits bei einem Bruttojahresgehalt von EUR 62.810,-, also EUR 5.234,- monatlich, bei jedem weiteren Euro den Spitzensteuersatz von 42 % bezahlt, während hingegen Kapitaleinkünfte mit Hinblick auf die internationale Steuerharmonisierung grundsätzlich nur mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 % belastet warden – auch bei Multimilliardären.

Karikatur zum Thema Steuern vor der Revolution: Klerus und Noblesse leben auf dem Rücken des Dritten Standes, um 1789

Historische und politsche Ursachen der Steuerungerechtigkeit

Für diese offensichtliche Ungerechtigkeit insbesondere des Einkommensteuersystems gibt es historische und politische Ursachen. Fakt ist, dass heute keiner der Steuerexperten mehr der Auffassung ist, dass aus dem vorhandenen System heraus eine wahrhaftige Reform möglich sei.

Die historisch bedingte Ursache für die Komplexität des deutschen Einkommensteuersystems liegt nicht zuletzt begründet bei der mit extrem hohen Steuersätzen versehenen Ausgestaltung des Steuersystems der Alliierten Besatzungsmächte nach dem Zweiten Weltkrieg. Zwar waren die extrem hohen Steuersätze den Besatzern nicht auszureden, aber findige Beamte fanden Schlupflöcher, indem sie faktisch dafür sorgten, dass das Regel-Ausnahme-Verhältnis umgekehrt wurde.

Auf die seit Jahrzehnten erklingenden wohlfeilen politischen Phrasen aller Parteienvertreter, die mit ihrem Steuerkonzept ihre jeweilige Klientel bedienen wollen, muss nicht näher eingegangen werden.

Don Quijote: Der Kampf gegen Windmühlen

Paul Kirchhof – der Don Quijote des deutschen Steuerrechts

Der letzte und wohl auch bekannteste Anlauf zu einer umfassenden Steuerreform wurde vom früheren Verfassungsrichter Paul Kirchhof  zusammen mit anderen namhaften Größen des deutschen Steuerrechts 2005 konzipiert. Von Alt-Bundeskanzler Gerd Schröder wurde der hochkompetente Fachmann seinerzeit bekanntlich im Wahlkampf despektierlich als der “Professor aus Heidelberg” abgekanzelt.

In diesem Zusammenhang muss man wissen, dass wir Deutschen unsere Zeit und Intelligenz unter anderem dafür verschwenden, dass über 50 % der gesamten Weltliteratur (!) in deutscher Sprache verfasst sind. Das unter anderem von Professor Paul Kirchhof konzipierte, sehr stark vereinfachte Deutsche Steuergesetz anno 2005 wies für die niedrigen Einkunftsklassen hohe Freibeträge auf und hatte den gesamten Ballast wie die sieben historisch bedingten Einkunftsarten abgeworfen. Sein Einkommensteuer-Konzept kannte nur noch die Steuersätze, nämlich 15, 20 und 25 %, und obendrein sollte seine Vision Deutsches Steuergesetz anno 2005 nur noch drei statt bisher 31 Einzelsteuergesetze aufweisen.

Dadurch wären zwar viele  Gerechtigkeitslücken geschlossen worden, freilich auch an mancher Stelle neue hinzugekommen. Bekanntlich fand das Konzept keine politische Mehrheit und die später noch unrühmlich in Erscheinung tretende Alt-Kanzlerin Merkel ließ noch während des Wahlkampfs 2005 den designierten Finanzminister Paul Kirchhof fallen.

Obwohl der wackere Finanzfachmann Professor Paul Kirchhof im Jahr 2005 auf die typisch hinterhältige Merkel’sche Weise abgewatscht wurde, arbeitete er dessen ungeachtet jahrelang weiter an einem modernen und einfachen neuen Steuermodell für Deutschland und stellte im Jahr 2011 zusammen mit etlichen Mitarbeitern sein Gesamtwerk Bundessteuergesetzbuch vor. Trotz des Idealismus des “positive Verrückten” (Süddeutsche Zeitung vom 28.06.2011) Kirchhof blieb auch dieses Mammutwerk nahezu unbeachtet und hatte während der unsäglichen Kanzlerschaft von Angela M. keinerlei Chancen auf Umsetzung.

Politische Umwälzungen als Chance

Insofern ergibt sich für den politischen Realisten nur die Möglichkeit, außerhalb des Systems der Einkommensteuer umfassende Reformen vorzunehmen. Die Umsetzbarkeit freilich wird nur in einer außergewöhnlichen Situation ähnlich der „Stunde Null“ der osteuropäischen Völker ab 1990 möglich sein.

Es bleibt insofern bei der Binsenweisheit, nach der in jeder Krise auch immer eine große Chance liegt. Genau so war es nach dem Zusammenbruch des Sowjet-Kommunismus, aufgrund dessen alle Staaten des Warschauer Paktes völlig neu konstituiert und marktwirtschaftlich aufgebaut werden mussten.

Die insbesondere in Kroatien und Polen eingeführte moderne konsumorientierte Besteuerungsform zeigt, dass es auf Ebene der hochkompetenten deutschen Steuerfachleute in Lehre und im Finanzministerium durchaus nicht an Reformwillen und Reformfähigkeit fehlt, sondern dass sich die politische Umsetzbarkeit als gänzlich aussichtslos darstellt.

Besteuerung der Einkommenserzielung oder der Einkommensverwendung

Die herkömmlich bekannte Einkommensteuer setzt im Gegensatz zum vom Verfasser präferierten Konsumssteuerkonzept bei der Einkommenserzielung bzw. der Einkommensquelle an. Sie ist nicht investitionsneutral und berücksichtigt nicht, wie sparsam der Einkommenserwerber mit seinem Erwirtschafteten umgeht.

Hier setzt die Konsumssteuer-Konzeption an, die erst später, in der Phase der Einkommensverwendung bzw. der Bedürfnisbefriedigung, ansetzt. Besteuert wird letzten Endes das, was an Ausgaben für den Konsum aufgewendet wird. Positiv ausgedrückt: Wer nachhaltig und ressourcenschonend mit dem Erarbeiteten umgeht.

Besonders dann, wenn wie vom sozialistischen Lichtstern der Ökonomenzunft, dem in über 40 Sprachen übersetzten Franzosen Thomas Piketty (“Das Kapital im 21. Jahrhundert”) drastische Ertragsteuern von 70 oder 80% im Rahmen eines progressiven Steuertarifs für Reiche und Superreiche gefordert werden, stellt die Einkommensteuererhebung und -eintreibung einen Krieg gegen die Leistenden dar.

Umverteilung wird dabei zum Selbstzweck eines völlig weltfremden und technologiefeindlichen Ideals. Und man darf bei den von Piketty und Konsorten präferierten protofaschistischen Fiskalorgien nicht vergessen, was für ein irrer Erhebungsaufwand betrieben werden muss, um die angeblich soziale Gestaltungsidee mit der geballten Kraft der Staatsmacht durchzusetzen. Schließlich wird der mit hohen Steuern Drangsalierte alles Tun, um der hohen Steuerlast zu entfliehen. Und wer bezahlt mehr für kompetente Steuerfachleute? Der Staat oder der Millliardär?

Sind Konsumsteuermodelle umsetzbar?

Weltfremd sind die Ansätze einer konsumorientierten Besteuerung bei weitem nicht. Gerade im für deutschsprachige Urlauber so beliebten Urlaubsland Kroatien wurden die Vorschläge einer konsumorientierten Neuordnung des Steuersystems (KNS) in den Jahen 1994 bis 2000 nahezu vollständig umgesetzt.

Die einfachste Variante einer Besteuerung des Konsums wäre es, orientiert an der in Europa bekannten Umsatzsteuer, eine allgemeine Verbrauchsteuer einzuführen, die am endgültigen Verbrauch des Konsumenten anknüpft. In einer kompromisslos vereinfachenden neuen Steuersystematik könnte man bei entsprechend hohem Steuertarif der allgemeinen Verbrauchsteuer die Einkommensteuer sogar vollständig abschaffen.

Die Steuererhebung wäre radikal vereinfacht und würde im Rahmen dieser indirekten Konsumssteuer für den Verbrauch dem Unternehmer auferlegt, wobei damit verbunden natürlich kompromisslos die vollständig digitalisierte Erhebung aller Einnahmen durch die Finanzbehörden bei den Unternehmern verbunden sein müsste.

Das ewige Gerechtigkeitsnarrativ

Aber die Welt ist auch bezüglich der Idee der Konsumssteuer nicht so einfach, wie man sie sich wünscht. Denn wieder schlägt man dem in erster Linie an Effizienz der Steuererhebung orientierten Konsumsteuerkonzept die bereits oben zitierte Gerechtigkeitskeule um die Ohren.

Der Regressionsvorwurf wird bei Einführung einer allgemeinen Verbrauchsteuer für den Konsumenten und gleichzeitiger Abschaffung der Einkommensteuer sofort von Vertretern der sozialen Gestaltungsidee erhoben, da dadurch die unteren Einkommensgruppen weit stärker belastet würden und damit dem Lastengleichheitsgebot nicht Rechnung getragen werde. Schließlich geben die unteren Einkommensgruppen einen deutlich höheren Anteil für wahrhaft Lebensnotwendiges aus als diejenigen, die über hohes Einkommen und hohes Vermögen verfügen. Im Ergebnis würde die prozentuale Gesamt-Steuerbelastung mit steigendem Einkommen abnehmen, ‘Besserverdienende’ somit entlastet.

Da dieses Argument in keiner Weise von der Hand zu weisen ist, wird im Zusammenhang mit der allgemeinen Konsumssteuer gerade für die unteren Einkommensgruppen auch ein ergänzendes bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) gefordert.  Einer der bekanntesten Vertreter dieses Konzepts ist der am 8. Februar 2022 verstorbene bekannte deutsche Unternehmer und Gründer der dm-Drogerie Götz Werner.

Man kann über das sogenannte BGE schelten, wie man möchte, allein: Es hat durch die Ampel-Koalition über das sogenannte Bürgergeld schon längst Einzug in die bundesrepublikanische Realität erhalten. Mag das BGE auch konzeptionell Fehlanreize schaffen und leistungshemmend wirken, auch bei dem von Gerd Schröder im Rahmen der Agenda 2010 eingeführten Konzept der Hartz- Reformen wurde faktisch niemand zur Arbeit gezwungen, der nicht arbeiten wollte.

In den unteren Einkommensgruppen könnte im existenzsichernden Bereich zudem mit Steuerbefreiungen oder verminderten Steuersätzen für Miete und Grundnahrungsmittel allein bezogen auf die Verbrauchsteuer sogar eine Entlastung eintreten, da der Konsum in unteren Einkommensgruppen bezogen auf den Stand jetzt meist einen höheren Anteil von steuerfreien oder steuerreduzierten Konsumprodukten hätte.

Die Welt besteht nicht nur aus Konsumenten

Die bisherigen Betrachtungen beschränken sich zu Unrecht auf den Konsumenten und haben die wertschöpfenden Unternehmen bisher nicht einbezogen.

Das Bonmonts, das Götz Werner häufig bei Diskussionen mit Umverteilungsfetischisten aller Parteien zum Besten gab, war, dass man für ihn als Unternehmer ohnehin die Steuer so hoch setzen könne, wie man wolle, denn im Ergebnis zahlten stets die Konsumenten alle Steuern, die man seinem Unternehmen auferlegt habe, weil diese Steuern immer automatisch Teil seiner Preiskalkulation seien.

Es muss zugegeben werden, dass zwar in den unteren Einkommensgruppen wie oben dargestellt eine allgemeine Verbrauchsteuer zunächst entlastend wirken würde, aber mit steigendem Einkommen eine höhere Sparquote und damit eine ungleichere Vermögensverteilung begünstigt würde. Dem kann man mit einer persönlichen, einer direkten  Konsumssteuer, die der Einkommensteuer ähnlich ist, entgegenwirken, da der Steuertarif auch bei einer direkten Konsumssteuer progressiv ausgestaltet werden könnte.

Kroatien führte ein kombiniertes Konsumsteuermodell ein

Bezeichnend ist, dass selbst im oben angeführten Kroatien dieser Schritt eines Nebeneinanders von direkter und indirekter Konsumssteuer gegangen wurde. Eingeführt wurde parallel zur allgemeinen Verbrauchsteuer, die heute grundsätzlich einen Steuertarif von 25 % hat, eine sogenannte zinsbereinigte konsumorientierte Einkommens- und Gewinnbesteuerung.

Somit hat selbst im steuertechnisch so fortschrittlichen Kroatien der weitverbreitete Grundkonsens Einzug erhalten, nach dem eine Grundorientierung des Leistungsfähigkeitgedankens am Einkommen vorliegt – und eben nicht am Konsum. Dies kann unter anderem an der Gedankenwelt der deutschen Professoren Rose, Wagner und Wenger liegen, welche die Konsumorientierte Neuordnung des Steuersystems (KNS) dort ab 1994 einführten und zu einem späteren Zeitpunkt für das deutsche Steuersystem eine ähnliche konsumbasierte “Einfachsteuer” konzipierten. Über die wissenschaftliche Literatur hinaus fand auch dieser Vorschlag wie all seine ambitionierten Vorgänger zur Beseitigung des Steuerdesasters in Deutschland keinerlei Anklang.

Zusammenfassung

In Kombination mit einem bedingungslosen Grundeinkommen, dessen Höhe noch zu bestimmen wäre, kann die Ausgestaltung einer ausschließlich indirekten konsumorientierten Verbrauchsteuer unter gleichzeitiger Abschaffung der Einkommensteuer in bisheriger Form für natürliche Personen zu einer im besten Sinn radikalen und zukunftsweisenden Steuervereinfachung führen.

Der Regressionsvorwurf für diese allgemeine Konsumssteuer, d. h.: die tendenziell höhere Belastung unterer Einkommensgruppen und damit verbunden geringere Belastung höherer Einkommensgruppen, kann mit dem ohnehin faktisch existenten BGE deutlich gedämpft werden.

  Für die unüberschaubare Zahl der Freunde des Nachhaltigkeitskonzepts in allen “demokratischen” Bundestagsparteien böte sich zudem ein besonderer Anreiz zum Konsumverzicht für ihre ökologisch bewussten Wählerschaaren.

Das antiquierte Einkommensteuersystem wird dagegen selbst mit noch so hohen Steuertarifen bei seinem ewigen Krieg gegen die Leistenden wie ausgeführt nie gerecht sein und bleibt ein bürokratisches Monster, das in die Tonne gehört!

Michael Dangel

Michael Dangel, geboren 1968  in Heilbronn, studierte ab 1987 an der Universität Mannheim Wirtschaftswissenschaften. Seit 1999 ist er als Steuerberater bestellt und seit 2001 selbständig.

Schwerpunkt seiner publizistischen Tätigkeit ist das Spannungsverhältnis zwischen Staat und Individuum sowie damit verbunden das Verhältnis zwischen Individuum und Gemeinschaft.

Ursprünglich wirtschaftspolitisch noch in der Tradition der Freiburger Schule des Ordoliberalismus stehend haben ihn das notorische Staatsversagen seit der Weltwirtschaftskrise 2008 sowie die Corona-Exzesse der staatlichen Behörden zu einem Vertreter der Österreichischen Schule, also zu einem Libertären, werden lassen.

Ein Kommentar zu “Einkommensteuer: Wenn der Staat den Leistenden den Krieg erklärt

  1. Zur Erinnerung: Wo in Deutschland die Reformation sich durchsetzte, wurden alle Klöster aufgelöst, die bis dahin die Armenfürsorge leisteten. Die öffentliche Hand übernahm so die Armenfürsorge und mußte dafür Abgaben erheben. Da nun nur Bürger mit Geld Steuern zahlen konnten, begann damit der Sozialstaat, der Steuern erhebt, um der Fürsorge der Armen willen.Nun hat der Staat noch viel mehr Aufgaben als die der Armenfürsorge, die er nur durch das Erheben von Steuern leisten kann. Daß der Staat nun von den Vermögernden mehr Steuern nimmt als von den Ärmeren, ist staatspolitisch einsichtig. Hier gilt eben der Grundsatz, daß das Allgemeinwohl einen Vorrang den Privatinteressen der Bürger gegenüber zukommt.

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